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Schickt seinen Kriminalkommissar Kurt Wallander in einem düsteren Krimi endgültig in Pension: Henning Mankell.

Foto: Reuters

"Es war ein früher Herbsttag. Am Himmel war ein Zugvogelschwarm auf dem Weg nach Süden (...) an jenem Nachmittag im September 2003 verliebte er sich auf der Stelle in dieses Haus." Kriminalkommissar Kurt Wallander hat sich einen Bauernhof in Schonen gekauft und mit der Anschaffung eines Hundes einen Kindheitstraum erfüllt. Die Idylle zwischen Feldern und Meer, mit der Henning Mankell seinen Roman beginnt, hält nicht lange an.

Als Wallander angezeigt wird, weil er seine geladene Dienstwaffe in einem Lokal vergessen hat, kann er sich absolut nicht daran erinnern, die Pistole überhaupt mitgenommen zu haben. Doch sich überstürzende Ereignisse helfen ihm, diese unheimliche Begebenheit zu verdrängen. Seine Tochter Linda, die auch Polizistin geworden ist, hat ihr erstes Kind bekommen. Sie lädt ihren Vater zu den zukünftigen Schwiegereltern ein. Die gehören zur wohlhabenden Oberschicht Stockholms, sind aber zu Wallanders Erleichterung nicht so borniert, wie er sie sich vorgestellt hat.

Der Korvettenkapitän von Enke belegt bei einer noblen Geburtstagsfeier Wallander mit Beschlag. Er erzählt ihm von den Zwischenfällen mit den U-Booten, die 1982 in die schwedischen Hoheitsgewässer eingedrungen waren und die man nicht zum Auftauchen zwingen konnte.

Der Mann scheint unruhig, ja ängstlich und besessen von den Ereignissen im Kalten Krieg; als er spurlos verschwindet, hat Wallander einen Kriminalfall in der eigenen Familie, denn bald darauf wird von Enkes Frau tot aufgefunden, und auch der Mann bleibt verschollen.

Als Wallander einen im schwedischen Asyl lebenden Ex-Stasibeamten konsultiert, bestätigt sich sein Verdacht, dass Louise von Enke einem raffinierten Giftmord zum Opfer gefallen sein könnte.

Mankell verknüpft in seinem zehnten und letzten Buch mit Kurt Wallander sehr geschickt politische und persönliche Vergangenheiten. Im Laufe der Ereignisse konzentriert er sich immer mehr auf die inneren Befindlichkeiten seiner Hauptfigur. Kurt Wallander ist mit den Jahren nicht umgänglicher geworden. Er leidet an Diabetes und beängstigenden Blackouts, fürchtet sich vor Alter, Einsamkeit und Tod.

Er ist immer noch ein guter Ermittler, aber er irrt sich auch und verfolgt kalte Spuren. Er ist nie ein Superheld gewesen, und die Mosaiksteine seiner Nachforschungen wollen kein vernünftiges Bild ergeben, es bleiben lose Enden, U-Boote in dunklen Gewässern.

Seine einstige Geliebte aus Riga, mit der er seinem Leben eine andere Richtung hätte geben können, kommt ihn zum letzten Mal besuchen. Sie hat Krebs und will sich von ihm verabschieden. Noch ein Schatten, ein Omen.

Mankells letzter Wallander-Roman enthält sich zum Glück jeglicher selbstgerechter Pädagogik, die manch andere Bücher von ihm so penetrant und mühsam machen. Der Feind im Schatten ist ein doppeldeutiger Titel. Wer ist der Feind? Krankheit und Tod, verpasste Chancen, oder russische Spione, die CIA, das alltägliche Böse, dem die Polizei nicht Einhalt gebieten kann? Vielleicht ist dieser Abgesang auf Wallander der beste Krimi in der so erfolgreichen langen Reihe. Auf jeden Fall aber ist er der düsterste. (Ingeborg Sperl, ALBUM - DER STANDARD/Printausgabe, 08./09.05.2010)