Mit dem "hung parliament" steht Großbritannien vor einer Situation, die es seit dem Zweiten Weltkrieg erst einmal gegeben hat. Nur im Jahre 1974 erreichte bei einer Unterhauswahl keine der beiden großen Parteien eine absolute Mehrheit.

Vorausgegangen war diesem Ergebnis ein Wahlkampf, in dem die regierenden Konservativen unter Premier Edward Heath in fast allen Umfragen geführt hatten. Das Ergebnis: 297 Sitze für die Tories, 301 für die Labour-Partei - ein knapper Sieg der Opposition, aber ohne Mehrheit.

Wie auch heute vorgesehen, versuchte zunächst der amtierende Premier Heath, sich mit den Liberaldemokraten (14 Sitze) unter Jeremy Thorpe auf ein Bündnis zu einigen. Doch die Verhandlungen in jenem Februar dauerten nur wenige Tage, dann musste Heath sein Scheitern eingestehen. Thorpe hatte u.a. eine Wahlrechtsreform zur Bedingung gemacht.

Die Queen beauftragte daraufhin Labour-Führer Harold Wilson mit der Regierungsbildung. Der entschloss sich zu einer Minderheitsregierung, nach sieben Monaten ließ er neu wählen. Ergebnis: eine knappe absolute Mehrheit für Labour. (raa/DER STANDARD, Printausgabe, 8.5.2010)