Nairobi/Salalah/London - Bewaffnete Piraten haben nach EU-Angaben vor der Küste von Oman einen deutschen Chemietanker mit 22 Besatzungsmitgliedern gekapert. Vermutlich hätten sich nicht alle Seeleute in einem Schutzraum in Sicherheit bringen können, deshalb sei ein militärisches Eingreifen zunächst nicht geplant, erklärte am Samstag der Sprecher der EU-Mission "Atalanta", John Harbour. Die "Marida Marguerite" war auf dem Weg von Indien nach Belgien. Bei der Besatzung handelt es sich um 19 Inder, zwei Bangladeschis und einen Ukrainer. Außerdem entführten Piraten vor der Küste Somalias ein taiwanesisches Fischerboot.

Sie forderten Lösegeld für die Besatzung des Fischerbootes, wie das Außenministerium in Taipeh am Samstag mitteilte. Der Eigner hatte den Kontakt zur "Tai Yuan 227" vor zwei Tagen zunächst verloren. Am Freitag hätten die Piraten ihm dann mitgeteilt, dass sie die Besatzung in ihrer Gewalt hätten. Das Schiff war auf dem Weg zu den Malediven.

Deutscher Besitzer

Der Besatzung des deutschen Tankers mit dem Namen "Marida Marguerite" gehe es gut, teilte die EU-Marinemission "Atalanta" mit. Das 13.000 schwere Schiff sei mit Granaten und Schusswaffen angegriffen worden. Die Piraten hätten Panzerfäuste benutzt, um das Schiff zu entern. Es fahre unter der Flagge der Marshall-Inseln, habe aber einen deutschen Besitzer. Es sei 120 Seemeilen (222 Kilometer) südlich von Salalah gekidnappt worden, teilte "Atalanta" am Samstag in Brüssel mit. Ein vorbeifahrendes Schiff habe versucht, Funkkontakt aufzunehmen. Sie hätten von der Schiffsbrücke aber die Antwort bekommen, fernzubleiben. Die "Marida Marguerite" ist ein 13.000-Tonnen-Schiff; es ist 127 Meter lang und 20 Meter breit. Oman liegt im Osten der Arabischen Halbinsel.

Piraten halten nach Überfällen vor der Küste Ostafrikas zurzeit mehr als 300 Geiseln fest. Wegen rechtlicher Unklarheiten ließ Russland am Freitag zehn Seeräuber frei, die bei der Befreiung eines gekaperten Öltankers durch Sondereinsatzkräfte eines russischen Kriegsschiffs gefangen genommen wurden. Ein Pirat kam bei der Aktion ums Leben.

Die niederländische Marine hat vor der Küste von Somalia elf mutmaßliche Piraten gefangen genommen und kurz darauf an der Küste auf freien Fuß gesetzt. Das bestätigte das Haager Verteidigungsministerium am Samstag.

Erst Mitte März war ein deutsches Containerschiff im Indischen Ozean einem Piratenangriff entkommen. Die unter liberianischer Flagge fahrende "MV Lübeck" sei auf dem Weg nach Oman gewesen, als Seeräuber sie gut 800 Kilometer nordöstlich der Seychellen beschossen hätten.

Die Europäische Union geht mit der Mission "Atalanta" im Seegebiet vor Somalia gegen Piraten vor. An dieser Mission beteiligt sich die deutsche Bundeswehr derzeit mit rund 230 Soldaten und einer Fregatte. (APA/apn/dpa/Reuters)