Bild nicht mehr verfügbar.

T-Mobile Österreich-Chef Robert Chvatal glaubt fest an die neue Generation der Tablet-PCs und, dass der Mobilfunkmarkt keine weiteren Preissenkungen verträgt.

Foto: APA-FOTO: HERBERT P. OCZERET

T-Mobile setzt in Österreich seit Jahren auf die Vermarktung von Smartphones und All-inclusive-Tarifen. Weshalb iPhone und Co dennoch nicht die Umsatzrückgänge auffangen können und welche anderen Wachstumschancen für die Branche bestehen, erklärt Unternehmenschef Robert Chvatal im Interview mit derStandard.at. Ob neue Tablet-PCs oder schnellere Netzwerke wie LTE – über eines sollten sich Kunden im Klaren sein: "Was die Leute sich nicht erwarten sollten ist, dass in der Zukunft alles nur noch drei oder vier Euro kosten wird", meint Chvatal im Gespräch mit Zsolt Wilhelm.

derStandard.at: T-Mobile wirbt mit dem Slogan "Wir sind Smartphone". Einer Aussendung vom Februar nach hält Ihr Unternehmen bei rund 150.000 iPhone-Kunden, was relativ gering wirkt gegenüber dem Gesamtkundenstamm von 3 Millionen – inklusive Telering.

Chvatal: 150.000 iPhone mögen nach wenig aussehen, aber ich denke das Gegenteil ist der Fall, wenn man berücksichtigt, dass die Kunden etwa 100 Euro dafür zahlen (abgesehen von den Tarifkosten). Denn mit solchen Smartphones hat man die Möglichkeit den ARPU (Durchschnittlicher Umsatz pro Nutzer) zu stabilisieren. Ein ARPU von über 30 Euro ist für uns ganz wichtig, um weiter stark investieren zu können. Bis heute haben wir vier Milliarden in den österreichischen Markt investiert. Da versuchen wir mit der Telekom Austria Schritt zu halten. Gerade deshalb ist es in schwierigen Zeiten wichtig, dass wir Wege finden, um unseren Umsatz zu stabilisieren.

derStandard.at: Ist das gelungen?

Chvatal: Das ist uns leider nicht gelungen. Das haben wir leider die ganzen letzten drei Jahre nicht geschafft, denn die Branche schrumpft. Die Mobilkom Austria hat die vergangenen zwei Quartale mehr leiden müssen als wir.

derStandard.at: Fangen Smartphones die Umsatzrückgänge auf?

Chvatal: Sie sollen sie auffangen, weil wir mit ihnen ja nicht nur Telefonie sondern auch Daten-Tarife verkaufen.

derStandard.at: Generieren Smartphone-Angebote mittlerweile mehr Umsatz, als die Masse an konventionellen Mobilfunk-Angeboten mit einfacheren Handys?

Chvatal: Grob gesagt: Ja. Zumindest generieren wir einen besseren ARPU mit ihnen.

derStandard.at: Ganz stark umworben hat T-Mobile in den vergangenen Jahren in diesem Feld das iPhone. 2012 laufen der Exklusivvertrag mit Apple für Deutschland und der Vertrag für Österreich aus, danach werden die Karten neu gemischt. Wie geht es dann weiter?

Chvatal: Wir haben niemals alles auf die Exklusivität mit Apple gesetzt. Den iPhone-Deal haben wir mit unserer internationalen Präsenz und unserer Verpflichtung zu Apples vorgesehenem Absatz-Volumen bekommen. Exklusivität kommt nicht um sonst. Wir mussten uns damals und müssen uns heute zu Absatz-Kontingenten (für das iPhone) verpflichten. Das ist auch der Grund, weshalb nicht jeder Anbieter auf den iPhone-Zug aufspringt. In Holland etwa hat T-Mobile auf keinen Exklusivvertrag mehr, aber dennoch hat die KPN noch immer keinen Vertrag mit Apple unterschrieben.

derStandard.at: Und für Österreich war das Ziel 150.000 verkaufte iPhones?

Chvatal: Genau. Wir haben die Vorgaben erfüllt. Ich glaube, es ist aber gefährlich, sich auf Exklusivität zu verlassen. Das ist, als ob man darauf vertrauen würde, dass einen seine Frau automatisch liebt, nur weil man mit ihr verheiratet ist. Man muss es sich Tag ein, Tag aus verdienen. Es wird der Tag kommen, an dem auch andere Anbieter (abseits von T-Mobile und Orange) das iPhone vertreiben werden. Aber das ist nicht das Ende der Welt. Wir haben die ersten 150.000 Kunden und die sind sehr wertvoll für die Zukunft. Damit können wir auch im Hinblick auf neue Produkte wie dem iPad arbeiten. Ich glaube, da wird es eine große Schnittmenge geben, die sich nach dem Smartphone auch für einen Tablet-PC interessiert.

derStandard.at: Wenn sie das breite Feld der Smartphones betrachten, welche Plattform abseits vom iPhone hat ihrer Meinung nach das größte Potenzial – Android, Blackberry, Windows Phone 7?

Chvatal: Apple hat ganz klar den Markt für diese neue User-Experience mit Touchscreens bereitet. Aber die Konkurrenz hat rasch aufgeholt. Schauen Sie sich beispielsweise die Super-AMOLED-Handys von Samsung an – das Display ist kein Vergleich zum iPhone. Der wichtigste Unterschied zwischen Apple und anderen Herstellern ist aber das Geschäftsmodell. Das iPhone ist ein abgeschlossenes Universum. Hier gibt es nur Angebote von Apple selbst (iTunes, AppStore, etc.). Bei Android ist das anders. Android sieht die Integration von Partnern wie Mobilfunkanbietern vor. Das betrifft auch eine Umsatzbeteiligung. Für Applikationsentwickler hat es wiederum den Vorteil, dass Android nicht den Zugriff auf die Hardware beschränkt. Bei Apple wird man klar eingegrenzt.

derStandard.at: Wie wird sich das langfristig auswirken?

Chvatal: Die Zeit wird zeigen, ob Apple weiterhin seinen Marktanteil ausbauen wird können oder ähnlich wie im PC-Markt eine Nische bedienen wird. Ich kann es nicht vorhersagen, aber der Punkt ist, in der Zukunft wird es vielleicht drei bis vier Handy-Betriebssysteme geben: Apples proprietäres iPhone OS, Android, das von mehreren Herstellern genutzt wird, Microsofts Windows Phone 7 und Nokias Symbian.

derStandard.at: Glauben Sie Microsoft hat mit WP7 eine Chance auf ein Comeback?

Chvatal: Das glaube ich schon. Es wird aber sehr auf die Nutzerfreundlichkeit ankommen. Es muss darum gehen, den Kunden eine einfache und konsistente User-Experience zu bieten.

derStandard.at: Was ist mit Nokia? Es scheint, als würde der Konzern sehr zu kämpfen haben.

Chvatal: Das stimmt. Aber ich glaube, Nokia wird sich zusammenreißen und zurückschlagen. Man darf nicht vergessen, dass Nokia bei Stückzahlen nach wie vor einen Marktanteil von 36 bis 40 Prozent hält. Natürlich verdankt man das vor allem günstigeren Handys, die man in Schwellenländern verkauft. Gleichzeitig sind sie aber auch weiterhin gut im Business-Segment vertreten, weil man über die Jahre die Bedienung kaum geändert hat und die Anwender mit Nokia-Handys vertraut sind.

derStandard.at: Gerade wenn man sich den Unternehmensbereich ansieht, wie erklären sie sich, dass RIM mit Blackberry in den USA derart erfolgreich ist (über 40 Prozent Marktanteil bei Smartphones) und in Europa weniger?

Chvatal: Ich denke, Blackberrys sind in den USA genau zur richtigen Zeit auf den Markt gekommen, als Pager und mobile Email-Dienste der große Hit waren. Das hat sich auch sehr schnell auf Privatkunden ausgeweitet, weil Mobilfunktelefonie in den USA lange Zeit sehr teuer war. Etwa musste man selbst für eingehende Anrufe zahlen. In Europa war das nicht der Fall.

derStandard.at: Was aus meiner Sicht die oft gepriesene Smartphone-Revolution in Europa zurückhält, sind unverändert hohe Roaming-Gebühren im Daten-Bereich. Wäre es im Smartphone-Zeitalter nicht vor allem für einen international agierenden Konzern wie T-Mobile angebracht, zumindest im eigenen Netz länderweit einheitliche Tarife zu etablieren?

Chvatal: Es ist die Frage, ob es uns erlaubt würde, innerhalb unseres Netzes weniger zu verrechnen, als unter unseren Partnern. Aber ich gebe Ihnen Recht, dass der große Preisunterschied nicht gerechtfertigt ist. Es gibt hier bestimmt Nachholbedarf. Aber es ist schwierig, denn das Gegenargument lautet: Wir haben schon die Roaming-Gebühren bei Telefonie gesenkt, doch die Reaktion der Kunden ist ausgeblieben. 57 Prozent der Kunden roamen zwar, die Hälfte davon allerdings nur ein bis zwei Mal im Jahr. Weitere 30 Prozent telefonieren nur drei bis fünf mal im Jahr im Ausland. Die niedrigeren Gebühren haben Roaming noch nicht wie erhofft angetrieben. Die Kritiker meinen also, wir würden die Preise nun auch bei Daten senken, aber gewinnen nichts. Das glaube ich jedoch nicht, weil hier die Preisdifferenz deutlich größer ist, als bei Telefonie.

derStandard.at: Sie meinten zunächst, es würde Ihnen möglicherweise gar nicht erlaubt werden, im eigenen Netz weniger zu verrechnen...

Chvatal: Ja, es wäre nicht fair gegenüber den Mitbewerbern, wenn wir unsere geringeren Kosten im Eigennetz in niedrigeren Endkunden-Preisen widerspiegeln.

derStandard.at: Lockt da nicht der Wettbewerbsvorteil?

Chvatal: Das Problem ist aber, wenn wir den Kostenvorteil im Enkunden-Pricing reflektieren und die Kunden es aber (wie bei Telefonie) nicht nutzen, haben wir verloren. Der Weg wird uns dennoch nicht erspart bleiben. Das Preisniveau fällt konstant und in Österreich sind die Preise sowieso schon im Keller.

derStandard.at: Dennoch gibt es immer günstigere Angebote. "3" hat jetzt Wertkarten mit "All-inclusive"-Angeboten vorgestellt.

Chvatal: Ja, das ist natürlich super... Das kaufen Sie dann und in zwei Jahren ist Hutchison dann weg.

derStandard.at: Heißt das, Sie glauben "3" wird es in zwei Jahren nicht mehr geben?

Chvatal: Nein, nein, nein. Ich sage nichts. No Comment. Ich sage nur, es ist langfristig nicht gesund für die Branche und für das Investitionsklima im Land, dass wir nach wie vor vier Betreiber haben. Zwei von vier Betreibern müssen klare Exit-Strategien haben und das wird von aggressiven Preisen begleitet.

derStandard.at: Wer könnte Hutchison denn kaufen?

Chvatal: Das ist eine gute Frage, denn wir werden das nicht sein. Wir brauchen keine Low-Performance-Company.

derStandard.at: Nicht einmal wegen 700.000 Kunden?

Chvatal: 700.000 Kunden, die jedes Jahr 50 Millionen Minus schreiben – das ist schwierig.

derStandard.at: Na dann, auf zu anderen Wachstumsfeldern: Welche Chancen sehen Sie für Mobilfunker in den neuen mobilen Endgeräten wie Tablet-PCs. Das iPad kommt Ende Juli nach Österreich.

Chvatal: Es besteht bestimmt ein Potenzial damit weitere SIM-Karten zu verkaufen. Gerade in Österreich macht es Sinn die Mobilfunknetze zu nutzen. Ich vermute allerdings, dass die Subventionierung von Tablet-PCs nicht so stark sein wird, wie bei Handys. Wir müssen schauen, dass wir nicht nur den Hardware-Herstellern helfen, sondern auch uns. Man muss bedenken, dass mit iPad und Co. ja auch wesentlich größere Datenmengen heruntergeladen werden, was Flat-Rates voraussetzt. Und bekanntlich sind Flat-Rates für Mobilfunker umso besser, je weniger sie genutzt werden.
Ich glaube aber fest daran, dass Tablet-PCs den Medien-Konsum revolutionieren werden. Sei es für Bücher oder Magazine.

derStandard.at: Haben Sie es denn schon einmal ausprobiert?

Chvatal: Noch nicht, aber ich werde mir einen Tablet-PC besorgen. Welchen, sage ich aber nicht...

derStandard.at: Ich weiß, welchen Sie sich kaufen werden...

Chvatal: Sagen Sie das nicht. Ich denke jedenfalls, dass sie unseren Medienkonsum revolutionieren werden. Ob sie auch unser Geschäft revolutionieren werden, weiß ich nicht. Da sollte man realistisch bleiben.

derStandard.at: Besonders auch für Tablet-PC-Nutzer wird es interessant sein, schnellere Mobilfunknetze nutzen zu können. Wie viel ist T-Mobile der neue Mobilfunkstandard "LTE" wert?

Chvatal: Es macht aus unserer Sicht Sinn, auch die nächste Netz-Generation anzubieten. Die Geschwindigkeit ist höher, die Nutzerfreundlichkeit ist größer und LTE erlaubt es auch effizienter zu operieren – also es senkt für Anbieter die Kosten für ein Gigabyte Datenvolumen.

derStandard.at: Heißt das, weil die Kosten auf Anbieter-Seite gesenkt werden, dass an Kunden größere Volumskontingente weitergereicht werden können?

Chvatal: Ja, das ist sicher auch möglich. Wichtiger sind allerdings die Verbesserungen beim Quality of Service. Das bedeutet, wir können Kunden gezielt Geschwindigkeiten garantieren. Stellen Sie sich vor, 10 Leute nutzen ein Netz und zwei davon zahlen den "Gold"-Tarif. Dann werden bei LTE automatisch die besser zahlenden Kunden bevorzugt, was die Bandbreite betrifft.

derStandard.at: Das heißt, es wird mit LTE eine Trennung von Gold- und Silber-Kunden geben?

Chvatal: Ja. Wenn ich etwa ein Student bin und nur 9 Euro pro Monat zahlen möchte, muss ich damit rechnen, dass ich zur Peak-Zeit (etwa 10 Uhr Vormittag oder 3 Uhr Nachmittag) nicht so eine hohe Geschwindigkeit genieße, wie der Geschäftskunde, der 20 Euro pro Monat zahlt.

derStandard.at: Das birgt ja ganz neue Vermarktungsmöglichkeiten...

Chvatal: Absolut.

derStandard.at: Schwieriger ist es die Vergabe der neuen Mobilfunkfrequenzen zu durchschauen. Im September werden zunächst 2,6 GHz für urbane Gebiete versteigert, danach soll im Zuge der "Digitalen Dividende" ungenutzte Frequenzen für den ländlichen Bereich angeboten werden und später können dann auch noch bestehende GSM-Freuquenzen umgewidmet werden... Ist das nicht ein bisschen kompliziert?

Chvatal: Das ist kompliziert und ich plädiere dafür, dass es klare Rahmenbedingungen für den Netzausbau in Österreich gibt. Wir brauchen wie in Deutschland ein Gesamtangebot, aus dem ich als Mobilfunker meine benötigten Leistungen wählen kann. Wir sehen uns das einmal bei 2,6 GHz an, aber danach weiß ich nicht wie es weitergeht, weil Planungsunsicherheit besteht.

derStandard.at: Als ich draußen gewartet habe, konnte ich nicht überhören, wie sie sich in einer Besprechung über die Mobilkom Austria geärgert haben, weil die Mobilkom kürzlich behauptete, als erstes LTE getestet zu haben – wobei T-Mobile dies längere Zeit davor gemacht hat...

Chvatal: Ja, ja. Ich sagte es sei wie ein Pinkel-Wettbewerb.

Unternehmenssprecherin: Bitte zitieren Sie ihn nicht.

Chvatal: Sie können mich gerne zitieren.

derStandard.at: Danke für das Stichwort. Worauf ich hinaus wollte, welche Geschwindigkeiten wird man mit LTE denn tatsächlich erreichen können?

Chvatal: Es wird in jedem Fall ein signifikanter Sprung im Vergleich zu UMTS/HSDPA sein. Ob das tatsächlich 100 Mbit pro Sekunde sein werden, ist aber sehr fraglich.

derStandard.at: Mit UMTS war das nicht der Fall, aber hat LTE das Potenzial, das Festnetz zu verdrängen?

Chvatal: Es wird immer eine Zielgruppe geben, welche nur die schnellste Internetanbindung haben wollen. Aber wie groß diese Gruppe im Endeffekt sein wird, kann ich nicht sagen. Die Mobilität und die Abdeckung des ländlichen Raums sprechen aber klar für Mobilfunknetze.
Was die Leute sich nicht erwarten sollten ist, dass in der Zukunft alles nur noch drei oder vier Euro kosten wird. Wenn ich in der vernetzten Welt leben möchte, muss ich damit rechnen auch künftig rund 30 Euro im Monat dafür zahlen zu müssen. Wenn man bedenkt, welchen Stellenwert Mobilfunk und Internet heute für uns haben, ist das jedoch ein fairer Preis, würde ich sagen. (Zsolt Wilhelm, derStandard.at, 9.5.2010)