Eine zweite Säule im Pensionssystem aufzubauen war ein längst überfälliger Schritt. Vergleiche mit anderen europäischen Ländern zeigen, dass Österreich hinterherhinkt, wenn es darum geht, das Pensionssystem mit einer zweiten Säule abzusichern.

Natürlich gab es im vergangenen Jahr eine nicht zufriedenstellende Entwicklung bei den Pensionskassen und daher auch Verunsicherung. Doch zuletzt war eine deutliche Aufwärtsentwicklung spürbar.

Einer von 680.227 Anwartschaftsberechtigten, die in Österreich auf dieses System setzen, bin auch ich. 62.163 Österreicher beziehen neben ihrer ASVG-Pension eine Zusatzpension aus ihrer Pensionskasse. Viele von ihnen waren in Bereichen tätig, wo es überdurchschnittliche Verdienstmöglichkeiten gab (ORF, OMV, Bank Austria oder Austria Tabak). Neben ihren ASVG-Höchstpensionen konnten sie so zusätzlich Leistungen aus der Pensionskasse von mehreren tausend Euro - in Einzelfällen mehr als 10.000 Euro - pro Monat aufbauen.

Völlig klar ist, dass die zweite Säule in Zukunft noch an Bedeutung gewinnen wird. Grund dafür ist die Demografie, denn die Zahl der Pensionisten erhöht sich bis 2050 von 2,1 Millionen um 50 Prozent auf 3,2 Millionen. Gleichzeitig steigt die Zahl der Erwerbstätigen, die ins System einzahlen im selben Zeitraum nur von 3,5 Millionen auf 3,7 Millionen, das ist nur ein Zehntel der Steigerungsrate der Pensionisten.

Die Folge: Die erste Säule wird im Jahr 2050 nicht mehr das leisten können, was heute möglich ist, die zweite Säule wird zunehmend an Bedeutung gewinnen.

Zweiter Blick ernüchtert

Der Vorschlag, den Günter Braun vom Schutzverband der Pensionskassenberechtigten - wer eine Steuervorauszahlung auf sein gesamtes aktuelles Deckungskapital in der Pensionskasse in Höhe seines halben Lohnsteuersatzes zahlt, soll die Steuerfreiheit dieses Pensionsteils auf Lebenszeit erlangen - klingt auf den ersten Blick für das Finanzministerium verlockend.

Das Modell würde zwar sofort Geld in die Kassen des Finanzministeriums spülen, was aber bei näherer Betrachtung ein Danaergeschenk ist. Denn Berechnungen des Finanzministeriums ergeben, dass dieses Modell nach anfänglichen Mehreinnahmen (die angenommenen 500 Millionen Euro sind zu hoch) zu Mindereinnahmen führen würde, die nur mehr die Hälfte der bisherigen Einnahmen aus der Besteuerung der Zusatzpensionen bringen würden. Der Break-even zwischen Einmaleinnahmen und laufenden Steuermindereinnahmen wäre bereits nach weniger als fünf Jahren erreicht. Zudem wäre das Modell sozial ungerecht, es würde viel stärker jene mit hohen Zusatzpensionen begünstigen als jene mit kleineren Zusatzpensionen.

Der Vorschlag geht von der falschen Annahme aus, dass die Pensionen besteuert werden, weil die Gewinne in den Pensionskassen kapitalertragsteuerpflichtig wären. Dies ist nicht richtig. Die Pensionen müssen deshalb mit dem Tarif besteuert werden, weil die Arbeitgeber die Beitragszahlungen von der Steuer absetzen können und diese Zahlungen bei den Arbeitnehmern keinen lohnwerten Vorteil darstellen. Die Besteuerung dieses lohnwerten Vorteiles wird von der aktiven Phase auf die Pensionszeit verschoben, der Arbeitnehmer profitiert dadurch nicht nur vom Zinseszinseffekt, sondern auch von einer niedrigeren Progression im Pensionszeitpunkt. Die Kapitalerträge, die in der Pensionskasse erwirtschaftet werden, sind außerdem steuerfrei.

Wie sozial ungerecht dieses System ist, zeigt das Beispiel: Ein Pensionist mit ASVG-Höchstpension und 1000 Euro Zusatzpension würde sich mit dem Pauschalbesteuerungsmodell in Summe auf 15 Jahre gerechnet zwischen 50.000 und 60.000 Euro ersparen. Mit 2000 Euro Zusatzpension kommt er sogar auf 100.000 bis 120.000 Euro Ersparnis. Bezieher hoher Zusatzpensionen wären hier also noch einmal bevorzugt, der Staat wäre der große Verlierer.

Dass das momentane System der Pensionskassen verbesserungsfähig ist, hat auch dazu geführt, dass gemeinsam mit den Sozialpartnern an einer Neugestaltung gearbeitet wird. So gab es bereits im Sommer 2009 einen Grundkonsens aufgrund von Empfehlungen der Sozialpartner. Es geht um verbesserte Wahlmöglichkeiten zwischen verschiedenen Veranlagungsmodellen sowie um Erleichterungen beim Wechsel zwischen der Pensionskasse und der betrieblichen Kollektivversicherung. Weiters soll es in Zukunft mehr Transparenz, also eine verbesserte Information an Anwartschafts- und Leistungsberechtigte bzw. an Arbeitnehmervertreter, geben. (Reinhold Lopatka, DER STANDARD, Printausgabe, 10.5.2010)