Klagenfurt - Der Gründer der vergangene Woche in Konkurs gegangenen AvW-Gruppe, Wolfgang Auer-Welsbach, bleibt weiter in Untersuchungshaft. Wie sein Anwalt Franz Großmann am Montag erklärte, sei dem Enthaftungsantrag bei der Haftprüfungsverhandlung am Montag nicht stattgegeben worden.

Auer-Welsbach war am 23. April verhaftet worden und sitzt seither in der Justizanstalt Klagenfurt. Ihm werden Betrug und Untreue vorgeworfen. Am 4. Mai meldeten schließlich die AvW-Gruppe und die AvW Invest AG Konkurs an. Die Gesellschaften sind laut Konkursantrag mit mehr als 50 Mio. Euro überschuldet.

Die rund 12.500 Betroffenen, die Genussscheine der AvW-Invest gekauft haben, bekommen ihr Geld wahrscheinlich großteils nicht mehr zu sehen. Masseverwalter Gerhard Brandl rät ebenso wie die Gläubigerschutzverbände den Anlegern, mit der Forderungsanmeldung im Konkursverfahren noch zu warten, bis der Oberste Gerichtshof (OGH) über den Ausschluss des Kündigungsrechts bei den Genussscheinen entschieden hat. Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hat wegen der Genussschein-Klauseln eine Verbandsklage eingebracht, weil er der Meinung ist, dass der Ausschluss der außerordentlichen Kündigung rechtswidrig ist.

Anlegervertreter ortet "schadenskausales" Verhalten

Der Grazer Anlegeranwalt Harald Christandl fordert indes die Republik auf, für mögliche Versäumnisse der Aufsicht geradezustehen. Die Bundeswertpapieraufsicht (BWA) bzw. deren Nachfolgebehörde, die Finanzmarktaufsicht (FMA), wären aus seiner Sicht dazu verpflichtet gewesen, den Handel mit den AvW-Papieren zu unterbinden. Da dies nicht geschehen sei, habe die Aufsicht jetzt für die Schäden der Anleger zu bezahlen, heißt in einem Schreiben, das Christandl heute, Montag, der FMA sowie der Finanzprokuratur ("Anwalt der Republik") übermittelt hat. Indes können sich mutmaßlich geschädigte Genussscheinbesitzer ab heute auf der Homepage des Vereins für Konsumenteninformation (VKI) beschweren.

Mit dem Schreiben hat Christandl ein sogenanntes amtshaftungsrechtliches Aufforderungsverfahren eingeleitet. Die Republik hat nun drei Monate Zeit für eine Stellungnahme. Für den Fall, dass sie die Haftung nicht übernimmt, was als so gut wie sicher gilt, will der Advokat eine Amtshaftungsklage vorbereiten, bekräftigte er.

Christandl, der bereits im Fall Meinl wegen angeblicher Versäumnisse der FMA vor Gericht gezogen ist, beruft sich auf das Gutachten von Fritz Kleiner. Dieser übt massive Kritik an der BWA. Dass die Aufsicht fragwürdige Vorgänge bei der AvW "weder näher untersuchte noch zur Anzeige brachte", entbehre "jeder juridischen Grundlage", schreibt der Sachverständige.

Auf dem Kleiner-Gutachten ergebe sich, dass den Behörden das Anlagemodell der AvW "sowie dessen Hintergründe von Anbeginn an bekannt waren und auch anstandslos genehmigt und toleriert wurden", schreibt Christandl, der rund 80 AvW-Kunden vertritt. "De facto" gelte jedoch, dass das AvW-Papier "praktisch wertlos ist und sich gerade die beworbene Kapitalgarantie als unrichtig herausgestellt hat". Die Aufsicht hätte in seinen Augen unverzüglich eingreifen müssen, "zumal bei entsprechender Transparenz ob der (...) Wertpapiere die Anleger freilich vom (...) Investment Abstand genommen hätten".

Aufruf an die Republik

Christandl ruft daher die Republik auf, "die Haftung für sämtliche Schäden meiner Mandanten zu übernehmen, da diese aufgrund einer mangelhaften, rechtswidrigen, schuldhaften und schadenskausalen Finanzmarktaufsicht erlitten haben".

Bei der FMA hieß es dazu: "Wir haben im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten ordnungsgemäß und sorgfältig gehandelt." Zu konkreten Vorwürfen in Amtshaftungsverfahren "ist es uns gesetzlich nicht gestattet, Stellung zu nehmen", sagte Behördensprecher Klaus Grubelnik auf APA-Anfrage.

In einem weiteren Brief an Finanzminister Josef Pröll (ÖVP) fordert Christandl die Errichtung eines "runden Tischs", zu dem auch potenzielle Haftungsträger wie die Republik oder Depotbanken eingeladen werden sollen. "Der Staat soll die Leute nicht durch alle Instanzen hetzen lassen", sagte er. Im Sinne der Prozessökonomie und des Vertrauens in den heimischen Kapitalmarkt könnte man einen "Hilfsfonds" für die besonders hart getroffene Genussscheininhaber installieren, regte Christandl an. Für Griechenland gebe man schließlich auch Milliarden aus.

Darüber, ob in der Causa AvW Anleger überhaupt eine Amtshaftungsklage einbringen können, sind sich Juristen noch uneinig. Mit Inkrafttreten des Bankenhilfspakets (Finanzmarktstabilitätsgesetz FinStaG) im Oktober 2008 ist nämlich die Haftung der Republik gegenüber Dritten, also Kunden, ausgeschlossen worden. Im Fall der AvW dürfte der Schaden aber vor diesem Zeitpunkt eingetreten sein. Was das jetzt für Amtshaftungsverfahren bedeutet, muss erst ausjudiziert werden.

VKI sammelt Beschwerden

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) sammelt ab sofort Beschwerden von mutmaßlich geschädigten AvW-Anlegern. Besitzer von Genussscheinen der Kärntner Gesellschaft können ihren Fall auf der VKI-Homepage (www.verbraucherrecht.at) melden, bekommen Informationen zugesandt und können sich dann - gegen eine Gebühr von 20 Euro - dem Strafverfahren gegen AvW-Chef Wolfgang Auer-Welsbach als Privatbeteiligte anschließen. Das Angebot des VKI richtet sich an Kleinanleger, die über keine Rechtsschutzversicherung verfügen bzw. noch nicht geklagt haben. Durch den Anschluss an das Strafverfahren wird die Verjährungsfrist für mögliche Schadenersatzansprüche unterbrochen. (APA)