Man kann eine gemeinsame Währung nicht ohne gemeinsame Wirtschaftspolitik einführen. Und für eine gemeinsame Wirtschaftspolitik braucht man eine gemeinsame Regierung. Die gibt es aber nicht in Europa, lautete die bisherige Weisheit.

Doch, seit diesem Wochenende gibt es sie. Unvollständig, unvollkommen, ad hoc in einer Krisensituation zusammengerufen, zerstritten, mit prominenten Verweigerern. Aber letzten Endes haben sich die Regierungen der EU in ziemlicher Not zusammengefunden, um eine gemeinsame wirtschaftspolitische Aktion zu beschließen. Unsummen werden aufgestellt, um den Angriff auf den Euro abzuwehren. Die Schlawiner und Schwindler unter den EU-Mitgliedern (also fast alle) werden verpflichtet, eine solidere Haushaltspolitik zu betreiben (ja, Österreich, du bist auch gemeint).

Das ist die Aktion einer De-facto-Regierung Europas. Ob sie wirkt, ist unklar. Ob daraus eine organisiertere, kontinuierliche Politik wird, ebenfalls. Aber in der grauen Nacht von Brüssel hat jedenfalls etwas stattgefunden, was gemeinsame europäische Regierungspolitik genannt werden kann. Es diente teils der - möglichen - Korrektur eigener Versäumnisse, teils der Abwehr der internationalen Spekulation. Die ist ein Phänomen sui generis geworden, eine überstaatliche Macht, zu deren Zähmung man eben auch ein überstaatliches Gebilde sui generis wie die Europäische Union braucht. (Hans Rauscher, DER STANDARD, Printausgabe, 11.5.2010)