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Erst hilft die Eurozone Griechenland und ihrem Ministerpräsidenten Giorgos Papandreou...

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... dann springt auch EZB-Chef Jean-Claude Trichet erst Athen und dann den Eurostaaten bei.

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Fragt sich nur, wer dem Euro aus der Patsche hilft.

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Die Börsen jubeln über die Aktion zur Rettung der Währungsunion. Doch langfristig könnte sich das Blatt wenden, da auch die Europäische Zentralbank von ihrem Stabilitätskurs abrückt: die Transferunion als Gift für den Euro.

Frage: Was heißt das Hilfspaket für angeschlagene Euro-Staaten für Österreich?

Antwort: Österreich wird – wenn der Höchstbetrag wirklich ausgeschöpft werden sollte – mehr als zwölf Milliarden Euro über Garantien beisteuern. Dazu kommt noch die Griechenland-Hilfe, für die Wien 2,3 Milliarden aufbringt. Der Anteil am neuen Euro-Notkredit ist etwas mehr als der Staat für die Bereiche Bildung, Forschung, Kunst und Kultur ausgibt. Die Summe würde aber nur schlagend, wenn Kredite an Spanien oder Portugal ausfielen.

Frage: Wenn alles gut geht, kostet es also gar nichts?

Antwort: Nein, denn die Zinsen für die Kreditaufnahme Österreichs verteuern sich durch die Maßnahme auf jeden Fall. Die Eurostaaten werden zusehends zu einer Transferunion und kommen gemeinsam für Defizite von Ländern auf, die in Schwierigkeiten stecken. Durch die Verlagerung des Risikos von Süden nach Norden gleichen sich die Zinsen für Staatsanleihen an. Österreich bekam dies am Montag in Form eines Anstiegs der Renditen zehnjähriger Staatsanleihen um 0,14 Prozentpunkte zu spüren. Auf die Staatsschuld hochgerechnet, ergibt das eine theoretische Budgetbelastung von 300 Millionen Euro.

Frage: Warum hat sich die Union zu dem Notfallspaket durchgerungen?

Antwort: In den letzten Wochen wurden die Anspannungen wegen der hohen Schulden einzelner Staaten immer größer. Das äußerte sich nicht nur im sinkenden Euro. Was viel wichtiger ist: Die Kosten für die Kreditaufnahme stiegen in Portugal, Spanien und teilweise Italien dramatisch. Das torpediert die Sparbemühungen. Dazu kam, dass sich Banken – ähnlich wie nach der Lehman-Pleite – immer weniger Geld liehen und die kurzfristigen Zinsen stiegen. Statt dessen wurde Liquidität bei der EZB geparkt, deren Einlagen auf 290 Milliarden Euro explodierten.

Frage: Wie sieht der Rettungsring der Union aus?

Antwort: Die EU-Kommission kann 60 Milliarden an Krediten aufnehmen. Zudem wird eine Zweckgesellschaft gegründet, die Anleihen über 440 Milliarden begeben kann und die von den Eurostaaten garantiert werden. Beide Maßnahmen werden vom Internationalen Währungsfonds um 50 Prozent aufgestockt, womit sich 750 Milliarden ergeben.

Frage: Ist das Rettungspaket rechtlich abgesichert?

Antwort: Laut EU-Ratsbüro naturgemäß ausreichend. Aber: Laut EU-Verträgen dürfen weder EZB noch EU einem Mitglied zu Hilfe eilen, auch die anderen Euroländer haften nicht. Bei Griechenland versuchte man die Beschränkung zu umgehen, indem die Notkredite bilateral konzipiert wurden. Die Euro-Rettung wird über die EU-Kommission und eine Zweckgesellschaft abgewickelt, weshalb die bilaterale Krücke nicht hilft. Deshalb wurde der Ausnahmeparagraf (Artikel 122) für Naturkatastrophen und "außergewöhnliche Ereignisse" bemüht. Vor den Europäischen Gerichtshof ziehen können nur die Regierungen und die EU-Kommission: Wo kein Kläger, da kein Richter.

Frage: Aber sind nicht die Kläger in Deutschland abgeblitzt?

Antwort: Teilweise: Das Bundesverfassungsgericht hat den Eilantrag von fünf Ökonomen abgewiesen. Inhaltlich geprüft wurde die Beschwerde allerdings nicht, das ist jetzt Gegenstand des regulären Verfahrens. Jedenfalls hat das Höchstgericht in einem früheren Urteil das Bail-out-Verbot als Grund für die verfassungskonforme Übernahme des Euro in Deutschland bezeichnet.

Frage: Wie wird die Europäische Zentralbank eingebunden?

Antwort: Sie hat bekanntgegeben, ab sofort auch Staatsanleihen zu kaufen. Eine direkte Finanzierung der Regierungen ist ihr zwar untersagt, allerdings kann sie die Papiere über die Märkte erwerben. Das Risiko eines Staatsbankrotts geht somit von den Gläubigern auf die Zentralbank und somit auf die gesamte Währungsunion über. Den Regierungen hilft diese Maßnahme enorm, da Banken und andere Investoren dank der möglichen Weitergabe der Staatsanleihen an die EZB bedenkenlos Kredite zur Verfügung stellen.

Frage: Was bedeutet das für die Stabilität des Euro?

Antwort: Nichts gutes. Die Zentralbank ist sukzessive von ihrer harten Haltung abgerückt, wonach die Staaten ihre Finanzen in Ordnung bringen müssen. Bereits zuvor hatte sie angekündigt, griechische Anleihen als Sicherheit zu akzeptieren. Experten wie Thomas Mayer von der Deutschen Bank sprechen vom Anfang vom Ende der Währungsunion. Das Centrum für europäische Politik sieht den Euro auf Kurs zur "Weichwährung".

Frage: Wie verteidigt sich die EZB?

Antwort: Sie hält den Ankauf von Staatsanleihen angesichts der extremen Situation für gerechtfertigt. Zudem verspricht sie, keine zusätzliche Liquidität zu schaffen, weil im Gegenzug Gelder von den Banken abgeschöpft würden. Das funktioniert beispielsweise über die Hereinnahme von Termineinlagen.

Frage: Droht nun höhere Inflation?

Antwort: Die Gefahr einer Teuerung ist, solange die schwache wirtschaftliche Lage anhält, nicht allzu groß. In Europa ist angesichts der Sparpakete und hoher Arbeitslosigkeit auch in absehbarer Zeit mit keinem starken Preisauftrieb zu rechnen. Allerdings würde ein sinkender Euro – manche Experten rechnen mit Parität zum Dollar – die Inflation über eine Verteuerung der Importe aus dem Dollar-Raum (vor allem Erdöl) anheizen. Sollte dann auch noch die Wirtschaft anspringen und sich gleichzeitig das Arbeitskräfteangebot wegen der Alterung verknappen, erscheint das Inflationsgespenst sehr real. Recht wenig beachtet wird, dass die Teuerung im laufenden Jahr in der EU mit 1,8 Prozent bei schwachem Wachstum schon relativ hoch ist.

Frage: Werden nun die Probleme der angeschlagenen Staaten gelöst?

Antwort: Keineswegs: Es handelt sich ja um Kredite, mit denen auslaufende Anleihen und neue Defizite gedeckt werden. Insgesamt steigt die Verschuldung der Union ja weiter auf 84 Prozent der Wirtschaftsleistung im kommenden Jahr. Aus dem Strudel kommen höher verschuldeten Länder nur mit drastischen Sparpaketen. Die werden freilich den zarten Aufschwung zusätzlich belasten.

Frage: Gibt es eine Alternative?

Antwort: Immer mehr Experten reden einer Umschuldung in Staaten mit hohen Defiziten das Wort. Die EU-Spitzen lehnen einen solchen Schritt – bisher – ab. (as, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 11.5.2010)