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Anti-Regierungsprotest in Teheran, 27. Dezember 2009

Foto: Reuters

Es fehlt nur ein Monat bis zum 12. Juni, den ersten Jahrestag der umstrittenen Präsidentenwahlen, die innenpolitisch im Iran keinen Stein auf dem anderen gelassen haben. Am 15. Juni vergangenen Jahres, drei Tage nach den Wahlen, brachen die großen Demonstrationen gegen das offizielle Wahlergebnis aus, Repression, Verhaftungen und neue Demonstrationen folgten.

Inzwischen haben die Proteste gegen die Regierung wegen deren brutalen Vorgehens zwar nachgelassen, aber der Widerstand macht sich weiterhin in allen Gesellschaftsschichten bemerkbar. Und weiterhin sitzen hunderte Oppositionelle, Journalisten und Journalistinnen, Studenten und Studentinnen und andere Regierungsgegner ohne Gerichtsurteil in Haft. Mit der Exekution von fünf - allerdings schon 2008 verhängten - Todesurteilen an Kurden wegen antirevolutionärer Tätigkeiten sendet das Regime ein starkes Signal, dass es bereit ist, mit größtmöglicher Gewalt vorzugehen.

Medien unter Druck

Die Medien sind geknebelt, in allen Redaktionen sitzen Leute, die den Revolutionsgarden nahestehen. Die kleinste Andeutung kann für eine Zeitung das Ende bedeuten, wie zuletzt für Bahar, die wegen eines Zitats des früheren Präsidenten Mohammad Khatami ihr Erscheinen einstellen musste.

Der Kreis der Regierungsvertrauten wird aber trotzdem immer kleiner. Viele, die noch vor wenigen Jahren als absolut vertrauenswürdig galten, sind heute vom Machtzentrum ausgeschlossen - wie etwa der frühere Präsident Ali Akbar Hashemi Rafsanjani. Gegen seine Kinder laufen mehrere Verfahren, sein Sohn Mehdi muss befürchten, bei seiner Rückkehr von Europa in den Iran verhaftet zu werden.

Studentinnenquote gescheitert

Aber auch die Machthaber sind nervös. Und sie setzen Maßnahmen, die die Iraner und Iranerinnen noch mehr aufbringen. Ein großer Flop wurde die Idee, für Studentinnen Quoten einzuführen - um die männlichen Studenten vor den erfolgreichen Frauen, die an die Universitäten strömen und dort besser als ihre männlichen Kollegen sind, zu schützen. Studentinnen weigern sich auch, eine Geschlechtertrennung in den Hörsälen einzuhalten. Nun schlagen regierungsnahe konservative Ayatollahs ein Ministerium zur Überwachung der Moral vor.

Mysteriöser Kunstraub

Und es ist eine Kulturrevolution im Gange: Seit Wochen verschwinden in Teheran über Nacht auf öffentlichen Plätzen Denkmäler von namhaften iranischen Intellektuellen, Dichtern und Künstlern. Keiner weiß genau, wer den Kunstraub ausführt. Jede Institution wirft der anderen vor, nicht genug aufgepasst zu haben. Die Statuen werden nachts von Unbekannten abmontiert und abtransportiert, obwohl manche mehr als eine Tonne wiegen und Überwachungskameras manchmal den Vorgang filmen. Die Öffentlichkeit ist sich sicher, dass hinter dieser Kulturattacke radikale Regierungsanhänger mit Unterstützung der Sicherheitsorgane stecken. (M.M. aus Teheran/derStandard.at, 11.5.2010)