
Mögliche Form der Erweiterung des Wienmuseums am bisherigen Standort Karlsplatz.
Wien - Das neue Wien-Museum nimmt erste Formen an - wenn auch vorerst nur auf dem Papier: Direktor Wolfgang Kos hat am Dienstag vor Journalisten sein inhaltliches Konzept für den projektierten "großstädtischen Universalbau" präsentiert. Herzstück soll eine aus sechs Modulen bestehende Dauerausstellung sein, in welcher diverse Facetten der Bundeshauptstadt mit multimedialer Unterstützung beleuchtet werden. Das "epochale" Vorhaben ist zudem als Infozentrum für Kulturtouristen gedacht.
Die einzelnen Themeninseln in der Größenordnung zwischen 400 und 1.200 Quadratmetern sollen unabhängig voneinander erlebbar sein und sich collageartig zu einem Ganzen fügen. Kos will dabei weg von einer "biederen chronologischen und additiven Abfolge". Vielmehr stehen inhaltliche Vertiefung und kontextualisierte Querschnitte im Vordergrund. Außerdem soll endlich das 20. Jahrhundert ausgiebig Platz finden. Die momentane, "längst abgespielte" Dauerausstellung höre nämlich mit der Erfindung der Straßenbahn auf, so der Hausherr.
Aus der Vogelperspektive
Hinsichtlich der Modulbespielung hat der Museumschef bereits ziemlich konkrete Vorstellungen. In "Wien von oben" soll die Entwicklung der Stadtstruktur vom dünn besiedelten Naturraum bis zur Metropole veranschaulicht werden. Historische Stadtmodelle, Panoramen, Luftaufnahmen und digitale 3D-Visualisierungen werden hier zu sehen sein. Konkreten Orten soll ebenfalls ein Part der Dauerausstellung gewidmet werden. Anhand der Leopoldstadt, der Ringstraße oder des Karl-Marx-Hofes will man - pars pro toto - politische Strömungen, Zuwanderung oder soziale Verhältnisse nachzeichnen.
Kunstgeschichte bekommt Platz
Für die Kunstgeschichte ist der größte, rund 1.500 Quadratmeter große Abschnitt reserviert. Hier will Kos die Höhepunkte der hauseigenen Sammlung von Malerei über Fotografie bis hin zu Möbeldesign und Mode präsentieren. "Derzeit wohnt vieles davon im Depot", beklagte der Direktor. "Eher konventionell" stellt er sich das Modul "Politik und Gesellschaft" vor, das entlang einer Zeitlinie vorrangig von Ideologien und deren Wirksamkeit erzählt. Türkenbelagerung, Entstehung der Massenparteien, Nationalsozialismus oder Subkultur wie die Arena-Besetzung werden einige der Schwerpunkte sein.
Wiener Alltagskultur
Alltagsgeschichte und Wiener Mythen fokussieren die beiden restlichen Inseln. Privatleben, Wohnsituation, Festkultur, Arbeit und öffentlicher Raum einerseits, Tourismusplakate, Filmklischees, Imagekonstruktion, K.u.k.-Nostalgie und Kaffeehauskultur andererseits werden hier in Zusammenhang gebracht bzw. kritisch hinterfragt. Um eine "Dramaturgie der Abwechslung" zu ermöglichen, will Kos zehn bis 20 Prozent der Dauerausstellung flexibel bespielbar halten. Konkretes über Größe oder Raumgestaltung gibt es noch nicht. Es gehe jedenfalls nicht nur um Quadratmeter, sondern vor allem um Qualität, Atmosphäre, Lichtdramaturgie oder Höhe.
"Museum für alle"
Grundsätzlich versteht der Chef das Wien-Museum Neu als "Museum für alle", das unterschiedlichen Gruppen einen niederschwelligen Zugang bieten und Volksbildung ermöglichen soll. Zudem müsse der Bau eine Sehenswürdigkeit werden, indem kulturinteressierten Wien-Besuchern ein Bild der Donaumetropole abseits von Habsburg und Musikstadt vermittelt wird. Sonderausstellungen soll es dann übrigens weniger geben. Das sei in einem Stakkato wie jetzt langfristig nicht machbar und dann auch nicht mehr nötig, versicherte Kos.
Standortfrage
Was die Standortfrage betrifft, sei neben einem Neubau auch die Erweiterung des für fünf Mio. Euro zu sanierenden Haerdtl-Baus nach wie vor Thema - allerdings nur in Kombination mit einem ergänzenden Neubau in unmittelbarer Nähe, wobei beide Teile etwa durch eine unterirdische Halle verbunden werden könnten. Im Falle eines Komplettumzugs könne ein "Top-Architekturwettbewerb", bei dem nichts schief gehen dürfe, jedenfalls rund ein dreiviertel Jahr nach Beschlussfassung der Stadtpolitik erfolgen. Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny hatte kürzlich angekündigt, dass die Standortentscheidung noch heuer, aber erst nach den Wahlen im Herbst fallen werde. Der Baubeginn soll dann 2011 erfolgen. (APA)