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Bei den österreichischen KMU (Klein- und Mittelunternehmen) stehen in den nächsten Jahren gravierende Veränderungen an.

Laut jüngsten Zahlen der Uni Linz plant jedes siebte KMU in den nächsten beiden Jahren einen Wechsel bei Eigentümern oder Geschäftsführung. Und einer Untersuchung der KMU Forschung Austria zufolge finden in Österreich jedes Jahr schon fast 6000 Betriebsnachfolgen statt, in den nächsten zehn Jahren könnte jedes fünfte heimische KMU an einen Nachfolger übergeben werden. Könnte, denn bei vielen scheitert es an Grundlegendem: Die Substanz ist oft so schlecht, dass an eine geordnete Übergabe nicht mehr zu denken ist. Bei einem Zehntel ist dies einer neuen Untersuchung zufolge der Fall. Andere wiederum lassen aus Gründen der mangelnden Standortqualität bzw. Wettbewerbstauglichkeit oder veränderter Nachfragestrukturen keinen positiven Ausblick zu, auch diese Unternehmen finden selten Nachfolger.

Boxenstopp an der Nachfolgebörse

Die Wirtschaftskammer nimmt das Thema sehr ernst. Schon vor geraumer Zeit hat sie eine Nachfolgebörse ins Leben gerufen, die übergabewillige Unternehmer mit potenziellen Übernehmern zusammenbringen soll. Im Rahmen der Aktion "Boxenstopp Übergabe" nehmen sich außerdem nun Experten der WKÖ der Sache an, erstellen auf Wunsch eine Stärken-Schwächen-Analyse und erörtern etwaige Optimierungsmöglichkeiten.

Wer als übergabe- bzw. verkaufswilliger Unternehmer die Dienste der WKÖ nicht in Anspruch nehmen will oder zusätzlich professionelle Unternehmensmakler beauftragen will, dem stehen in Österreich zudem eine Handvoll Adressen zur Auswahl.

Verschiedenste Motive

Der Wiener Unternehmer Robert Czako, seit 1975 im Geschäft und österreichischer Branchen-"Pionier", führt jährlich etwa 35 Betriebsverkäufe durch. Den oben zitierten aktuellen Zahlen schenkt er nur bedingt Glauben. "Jeder hat seine eigenen Zahlen." Er selbst geht davon aus, dass pro Jahr in Österreich rund 4000 Betriebe auf den Markt kommen, 50 bis 60 Prozent davon finden auch tatsächlich einen neuen Besitzer. "Der Rest ist insolvent, wird liquidiert oder aufgeteilt."

Hauptsächlich handelt es sich um Pensionierungen der Inhaber, und die Kinder – sofern es überhaupt welche gibt – haben kein Interesse an der Firma. An zweiter Stelle kommen jene, die krankheitsbedingt verkaufen (müssen). "Und dann gibt's auch Firmeninhaber, die mehrere Betriebe haben und einen davon verkaufen wollen. Oder welche, die Schwierigkeiten haben, schlecht finanziert sind, Verluste machen – die müssen auch eine Lösung finden. Manche wollen auch nur verpachten oder einen Partner hereinnehmen. Aber das Kerngeschäft ist die Betriebsnachfolge in Folge von Pensionierung."

In seiner Liste aktueller Angebote sind momentan besonders viele Hotelleriebetriebe angeführt, hauptsächlich habe er es aber mit Gewerbe- oder Handelsbetrieben zu tun, erklärt Czako. In Deutschland funktioniert das Geschäft übrigens etwas anders: "Dort gibt es einen Kollegen, der sich auf Haustechnik-Installationsbetriebe spezialisiert hat. In Deutschland gibt's davon so viele, dass der davon leben kann, nur Haustechnik-Installationsbetriebe zu vermitteln." Der österreichische Markt sei aber zu klein, um sich auf eine Branche zu spezialisieren.

Dafür hat Czako eigenen Angaben zufolge österreichweit die größte Datenbank von Firmen und Personen, die Kaufobjekte suchen – "in jahrelanger Arbeit mühsam aufgebaut". Bekommt er den Auftrag zum Verkauf einer Firma, kann er sie in Österreich und dank eines großen Partner-Netzwerks in allen Nachbarländern anbieten. Hauptsächlich stecke da sehr viel Kommunikationsarbeit dahinter: "Wenn wir 200 Leuten eine Firma anbieten, melden vielleicht 30 Interesse an. Mit all diesen muss man dann viel reden, um die drei oder vier herauszufiltern, die tatsächlich in Frage kommen."

Viel Vorarbeit

Schon bevor es zu einem Verkaufsauftrag kommt, sei aber einiges zu erledigen. "Wenn ein Firmeninhaber, der verkaufen will, zu uns kommt, holen wir zunächst einmal Hintergrund-Informationen über die Firma ein. Dann fahren wir hin, sprechen mit den Inhabern, schauen uns den Betrieb und die Zahlen an, machen eine Erstbewertung und entscheiden: Ist der Betrieb überhaupt zu verkaufen?" Da stelle sich dann – siehe oben – relativ häufig heraus, "dass wir den Auftrag nicht übernehmen können, weil der Betrieb nicht an den Mann zu bringen ist".

Verläuft die Erstprüfung hingegen positiv, wird eine Bewertung vorgenommen sowie eine erste Schätzung, wie lange die Käufersuche dauern könnte. "Dann fahren wir nochmal hin und machen ein Offert. Und wenn wir den Auftrag bekommen, dann beginnt erst die eigentliche Arbeit." Man müsse die Firmendaten nämlich in eine solche Form bringen, dass die potenziellen Käufer etwas damit anfangen können, gleichzeitig aber auch so, dass diese nicht herausfinden können, um welchen Betrieb es sich handelt. Diskretion ist nämlich oberstes Gebot. Eine Handvoll ernsthaft Interessierter wird schließlich an den Auftraggeber weitergereicht. Czako ist bei deren Verhandlungen dabei und hilft auch bei der Erstellung von Businessplänen.

"Steuerberater bewerten meistens zu hoch"

Ein kleines Problem hat Robert Czako dabei stets mit Steuerberatern, ganz generell: "Die sind nämlich berühmt dafür, dass ihre Unternehmensbewertungen oft zu hoch oder teils völlig unrealistisch sind." Man könne den Wert von ein und derselben Firma nämlich durchaus bei 100.000 oder bei 1,5 Millionen Euro ansetzen – "das kommt darauf an, welche Laufzeit ich annehme, welchen Zinssatz, welchen Risikoaufschlag – also je nachdem, wie man die Formeln gestaltet. Das ist aber ein sinnloser Ansatz. Der richtige ist, sich zu überlegen: Wer kommt für diesen Betrieb als Käufer in Frage, und wie rechnet der?" Denn der Käufer muss schätzen, wie das Geschäft in den nächsten Jahren weiterlaufen wird, und wann er die Investition wieder hereinbekommt, erklärt der Unternehmensvermittler.

Er selbst schätzt, dass sich der durchschnittliche Kaufpreis der von ihm abgewickelten Transaktionen bei rund 450.000 Euro bewegt.

Den Begriff "Investor" hört er in Zusammenhang mit Firmenkäufern übrigens nicht gern. "Ein Investor ist jemand, der sein Geld hergibt und dann schaut, was herauskommt. Der investiert, und die Firma läuft meist unverändert weiter. Bei uns geht's aber um eine Änderung des Inhabers oder eine Beteiligung. Das ist ein Unterschied."

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"Hohe Nachfrage nach IT-Firmen"

Rudolf Fantl, Konkurrent von Czako, geht mit dem Begriff "Investor" etwas entspannter um. Er hat in seiner Betriebsbörse derzeit etwas mehr als hundert Unternehmen, einige davon tragen allerdings schon den Vermerk "Verkauft". Fantl – seine Firma hat ihren Sitz in Eugendorf, Salzburg - konstatiert derzeit generell eine hohe Nachfrage nach Unternehmen, speziell nach Firmen der IT-Branche. "Viele wollen derzeit lieber in einen Betrieb investieren als in ein Finanzprodukt." Grundsätzlich würden bei ihm aber regelmäßig auch "Private-Equity-Investoren" anklopfen.

Auch Fantl sieht aber ein großes Problem in "unvernünftig" hoch geschätzten Firmenwerten. "Leider ist es so, dass viele Unternehmen viel zu hoch bewertet werden. Denn man muss sich nach dem Markt orientieren, und nicht nach irgendwelchen Berechnungen. Es ist nicht so schwer, zu wissen, was der Markt hergibt." Auch Fantl führt eine Interessenten-Datenbank, außerdem kooperiert er mit einer deutschen Gruppe, über die er heimische Firmen auch im nördlichen Nachbarland feilbietet.

Erstgespräch, Verkaufsexposé

Wer sich bei Rudolf Fantl meldet, bekommt ein Erstgespräch, "damit wir wissen, worum's geht." Wie hoch ist der Aufwand, macht es – auch für den Verkäufer – überhaupt Sinn, den Betrieb anzubieten? Ist das der Fall, wird ein (kostenpflichtiges) Verkaufsexposé erstellt, in dem sich alle für potenzielle Interessenten notwendigen Informationen befinden. Auch Fantl betont jedoch: "Diskretion ist das wichtigste."

Dass es einen hohen Prozentsatz an Unternehmen auf dem Markt gibt, die für eine Fortführung nicht geeignet sind, bestätigt auch der Salzburger Firmen-Makler – "wenngleich die in der Regel ja nicht zu uns kommen, weil sie oft schon wissen, dass das keinen Sinn hat". Bei kleinen Händlern sei es auch oft so, dass das interessanteste der Standort ist. "Ein Übernehmer will dann oft ganz was anderes machen als der bisherige Eigentümer. Das ist aber dann nicht unsere Sache, sondern jene eines Immobilienmaklers, da wird oft nur das Geschäftslokal weitergeben."

"Interessanteste Betriebe: 45-jährige Abgeber"

Will ein Inhaber seine Firma wegen Pensionierung aufgegeben, bestehe manchmal die Gefahr, dass seine Motivation schon in den Jahren davor nicht mehr die größte war – was den Ausblick und also auch die Position beim Verkauf schwächen könne, so Fantl. Für die interessantesten Betriebe, die zum Verkauf stehen, hält der Salzburger Unternehmer deshalb jene, "wo der Inhaber etwa 45 Jahre alt ist und die Firma sehr gut da steht. Der Unternehmer hat sich dann schon was geschaffen und sagt sich jetzt: Ich war 20 Jahre nicht mehr auf Urlaub – sollte ich nicht doch einmal gehen?" Manche stünden auch vor der nächsten Investitionsphase und wollen diesen Schritt nicht mehr gehen. "Das sind spannende Unternehmen, weil die meist am Höhepunkt ihres Lebenszyklus stehen", so Fantl.

Entscheidet man sich für den Verkauf, ist das wichtigste die Strategie. "Die muss am Anfang festgelegt werden: Verkaufe ich die gesamten Gesellschaftsanteile, oder mache ich einen sogenannten 'Asset deal'? (Anm.: Dabei wird nicht das gesamte Unternehmen, sondern nur dessen Wirtschaftsgüter – Anlagen, Gebäude etc. – verkauft.) Gebe ich hundert Prozent ab, oder will ich weiterhin beteiligt bleiben? Alle diese Dinge müssen am Anfang klar sein."

Bonus für Nachfolger

Ist die Strategie geklärt, kann die Suche nach dem Nachfolger beginnen. Für potenzielle Übernehmer hat die Wirtschaftskammer, die Betriebsnachfolge als "attraktive Alternative zur Betriebsgründung" anpreist, einen Nachfolgebonus parat: Wer mindestens ein und maximal sechs Jahre lang auf eine Betriebs-Übernahme spart, bekommt einen finanziellen Zuschuss zum angesparten Kapital. (Martin Putschögl, derStandard.at, 11.5.2010)