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Zu Sebastian Vettel fällt Gerhard Berger nur Ayrton Senna ein.

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Monte Carlo - Bis vor wenigen Jahren war er mittendrin statt nur dabei - als GP-Sieger, Motorsportchef und Teambesitzer. Derzeit kann Gerhard Berger die Formel 1 stressfrei genießen. Am Wochenende steigt in der Wahl-Heimat des Tirolers der klassische Grand Prix von Monaco. Mit der APA sprach der 50-Jährige Tiroler über die aktuelle Lage in der Königsklasse.

Red Bull ist derzeit das überlegene Team der Formel 1. Warum?

Berger: "Sie haben einen riesigen technischen Vorteil, speziell im aerodynamischen Bereich. Das ist der Newey-Effekt, der jetzt nach einigen Jahren zu greifen beginnt. Nach der letzten Saison haben sie noch einmal einen großen Schritt nach vorne gemacht. Nur bei der Standfestigkeit haben sie noch leichte Schwächen. Daher sind sie in der WM auch noch nicht vorne. Das ist für mich aber nur eine Frage der Zeit."

Ist eine ähnliche Dominanz wie in Barcelona auch am Wochenende in Monte Carlo zu erwarten?

Berger: "Monte Carlo ist keine ganz normale Strecke. Es wird sich alles etwas enger zusammenschieben, aber der Red Bull ist auch auf Sonderstrecken gut. Er verfügt durch sein Auspuffsystem über besonders viel Traktion. Wenn ein Auto in Barcelona funktioniert, kann man davon ausgehen, dass es überall gut geht. Sie sind auch in Monte Carlo klarer Favorit."

Kann sich Red Bull in der WM also nur selbst schlagen?

Berger: "Ich sehe niemanden, der sie so schnell einholen kann. Auch McLaren und Ferrari nicht, dabei haben die schon das Luftschacht-System, das ihnen je nach Strecke drei bis fünf Zehntelsekunden bringt. Wenn man das dazurechnet, ist Red Bull derzeit nicht eine Sekunde, sondern sogar eineinhalb Sekunden pro Runde vor allen anderen. Wenn sie die WM nicht gewinnen, würde mich das sehr überraschen."

Sie haben das Luftschacht-System angesprochen, das der Fahrer aktiv bedienen muss. Was halten Sie davon?

Berger: "Prinzipiell finde ich neue Ideen gut. Das ist wichtig für die Formel 1. Konkret kommt sie von einem jungen Ingenieur, der direkt aus der Hochschule gekommen ist. Das ist Innovation auf höchstem Niveau. Es ist wichtig, dass sich diese neuen Ansätze entfalten können. Natürlich verfälscht es den Wettbewerb ein wenig, aber Red Bull ist auch ohne Luftschacht schnell."

Und der Sicherheitsaspekt?

Berger: "Ferrari hat das am Wochenende ein bisschen zu offensichtlich gemacht. Man hat in der Kamera genau gesehen, wie die Fahrer die Hände vom Lenkrad genommen haben. Natürlich löst das eine Diskussion aus. Freihändig einen Formel-1-Boliden zu fahren, ist kein gutes Vorbild."

Wie schätzen Sie die bisherigen Leistungen von Michael Schumacher ein?

Berger: "Er macht einen guten Job. Eines von fünf Rennen hat er verhaut, aber sonst war er sehr gut. Da gibt es nichts auszusetzen. In Barcelona hat er sich bravourös gegen Button behauptet. Das ist der Michael Schumacher, wie wir ihn kennen, auch wenn er derzeit eher mit Verteidigung beschäftigt ist. Sein Auto lässt einfach nicht mehr zu."

Was ist das Problem bei Mercedes?

Berger: "Das Auto ist weit weg von Siegen. Auf der Geraden und im Windschatten haben sie auch keine Chance, obwohl der Motor stark ist. Das heißt für mich, dass das neue Airbox-System nicht funktioniert. Es gibt ein paar Probleme, die sie lösen können. Der Unterschied zur absoluten Spitze ist aber zu groß. Ich glaube nicht, dass sie heuer noch groß mitreden werden."

Vettel war nach Platz drei in Barcelona unzufrieden.

Berger: "Sebastian ist verbissen, er will immer gewinnen. Ein dritter Platz ist ihm nicht gut genug. Aber jeder Fahrer hat über eine Saison irgendwann Probleme. Nach so einem schlechten Wochenende, an dem fast alles zusammengekommen ist, noch ein Podium zu holen, ist ein Geschenk Gottes."

Hat es schon einmal einen Rennfahrer gegeben, der in diesem Alter schon so weit war?

Berger: "Ich kann mich da schon an einen erinnern, an einen ganz speziellen. Das war Ayrton Senna."