Altes Recht entscheidet, wer sein Vieh wo weiden lassen darf.

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Rund 8.000 Regulierungsurkunden, teilweise im Original, hüten die Bundesforste. Festgeschrieben ist in diesen historischen Schriftstücken, was das Unternehmen mit rund 15.000 heimischen Landwirtschaftsbetrieben verbindet. Genauer gesagt geben diese Dokumente Auskunft über die so genannten Einforstungsrechte, also die Rechte Dritter zum Bezug von Holz und Forstprodukten und zur Nutzung von Flächen für die Viehweide. Wer wissen will, wie es kommt, dass etwa viele Bauern diese Berechtigung zur Beweidung und Bewirtschaftung von fremden Almen haben, wendet sich am besten an Hermann Deimling. Der Geschäftsführer des Einforstungsverbandes holt weit aus, wenn er die Wurzeln dieser Rechte erklärt - bis ins sechste Jahrhundert. "Damals nutzten Siedler gemeinschaftlich unkultiviertes Wald- und Weideland, das an ihre Höfe angrenzte." Ab dem 10. Jahrhundert erhoben Landes- und Gutsherren allerdings zunehmend Anspruch auf diesen Gemeinschaftsbesitz. Den Bauern blieb das Recht zur Nutzung. Konfliktfrei verlief diese Entwicklung freilich nicht.

Wettlauf mit den Grundherren

Mit Bevölkerungsanstieg, Aufblühen der Industrien und des Bergbaues wuchs auch die Nachfrage nach Holz. Was folgte, war ein regelrechter Wettlauf zwischen Grundherren und den Bauern. Ab dem 16. Jahrhundert mehrten sich die Versuche, die bis dahin unbeschränkten Wald- und Weide-nutzungen zu beschneiden. "Erst nach der Bauernbefreiung und Aufhebung der Grundlasten wurden über kaiserliche Anweisung 1853 die Wald- und Weidenutzungsrechte, soweit sie nicht in Grund oder Geld abgelöst wurden, der generellen Regulierung unterzogen", führt Deimling durch die Geschichte. Zwischen 1858 und 1889 zogen die Behörden durch die Lande, um festzuschreiben, was Recht ist. Festgelegt wurden von eigens dafür eingesetzten Landeskommissionen die Holz-, Weide-, Streu- und sonstigen Nutzungsansprüche der Bauern gegenüber den Grundeigentümern.

Die urkundlich verbrieften Regulierungserkenntnisse bilden bis heute den Rechtstitel der Einforstungs-rechte, die zeitlich unbefristet sind, auch durch Nicht-ausübung nicht verjähren und in ihrem Umfang weder eingeschränkt noch erweitert werden dürfen. Österreichweit bestehen auf rund 580.000 Hektar und damit rund sieben Prozent der Gesamtfläche des Landes Einforstungsrechte. Mit fast 80 Prozent steht der größte Teil im Eigentum der Bundesforste. "Es gibt
immer wieder Diskussionen, aber im Großen und Ganzen funktioniert es. Mit der Abwicklung ist schon ein ziemlich großer Aufwand verbunden, allerdings ist es mit neuen Technologien leichter geworden", beschreibt Bundesforste-Experte Hubert Schlager die Einforstungspraxis.

Anpassung an die Gegenwart

In Sachen Holz etwa umfasst die einregulierte Menge 265.000 Raummeter Brennholz und 62.000 Festmeter Nutzholz, mit insgesamt rund 240.000 Festmetern immerhin zehn Prozent des ÖBf-Gesamteinschlags. Diese Zahlen galten zumindest bis 2002. Ab diesem Jahr schlugen auch in diesem Bereich Windwürfe und Borkenkäfer durch. Das Schadholz musste genützt werden. Die Landwirte bezogen ihr Recht zuweilen bis mehr als zehn Jahre im Vorhinein. 2004 wurde die Rekordmenge von rund 360.000 Festmetern abgegeben. Dafür beschränkte sich die Menge 2009 auf 151.000 Festmeter. Die Bundesforste sind laut Schlager in Sachen Anpassung der traditionellen Rechte an die Praxis der Gegenwart nicht untätig. "Das Einforstungshandbuch regelt das genaue Prozedere und damit die reibungslose Zusammenarbeit aller Beteiligten."