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Das neue Team an der Spitze Großbritanniens: Davis Cameron und Nick Clegg beginnen mit der Regierungsarbeit.

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Cameron und Clegg empfingen am Mittwoch den Nationalen Sicherheitsrat

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New First Couple: Der neue Premier David Cameron mit seiner Frau Samantha.

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London - David Camerons erster Arbeitstag als Premierminister: Nach der turbulenten Regierungsbildung am Vorabend hat die neue Koalition aus Konservativen und Liberalen in London heute ihre Arbeit aufgenommen. In der ersten Kabinettssitzung am Donnerstag ging es um die Wirtschaftslage und die Situation in Afghanistan, wie der neue Finanzminister, George Osborne, von den Tories mitteilte. Binnen 50 Tagen soll nach dem Willen der Regierung aus Konservativen und Liberaldemokraten ein Notbudget stehen.

Zu den Topaufgaben gehört die weitere Besetzung der Ministerämter. Vizepremier Nick Clegg von den "Lib Dems" kündigte eine "andere Art von Regierung" an. Cameron sprach von "großen Herausforderungen". "Wir kündigen eine neue Politik an, in der das nationale Interesse wichtiger ist als das Parteiinteresse", sagte Cameron bei einer gemeinsamen Pressekonferenz.

Ministergehälter sollen um fünf Prozent gekürzt werden

Angesichts der alarmierenden Budgetlage einigte sich das Kabinett in einem seiner ersten Beschlüsse auf einen symbolischen Sparbeitrag: Die Runde stimmte für eine Kürzung der Ministergehälter um fünf Prozent, wie eine Regierungssprecherin sagte. Der konservative Premierminister David Cameron und der Chef der Liberaldemokraten, Vize-Premier Nick Clegg, hätten sich zu einer engen und vertrauensvollen Zusammenarbeit auf der Grundlage einer "starken Agenda" bekannt. Osborne bezeichnete die Kabinettssitzung als "wirklich konstruktiv".

7 Milliarden Euro sollen eingespart werden

Bei der Reduzierung des Budgetdefizits gehörig aufs Tempo gedrückt werden. Binnen 50 Tagen soll ein Notbudget mit ersten Kürzungen von umgerechnet rund sieben Milliarden Euro in die Wege geleitet werden. Das Defizit beläuft sich derzeit auf 163,4 Milliarden Pfund (192 Mrd. Euro), das entspricht 11,6 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP). Zudem soll es entgegen der Tradition in Großbritannien eine Festlegung auf eine fünfjährige Amtsperiode des Parlaments geben. Dies würde bedeuten, dass die nächste Parlamentswahl erst im Mai 2015 stattfindet. Bisher hatte der Premier die Möglichkeit, den Wahltermin deutlich vorzuziehen.

Immigration eindämmen

Um die Koalition zu ermöglichen, stimmten die "Lib Dems" Tory-Plänen zu, die Immigration einzudämmen und während der fünf Jahre langen Regierungszeit nicht den Euro einzuführen. Die Liberalen sind eigentlich im Gegensatz zu manchen der konservativen Tories sehr europafreundlich. Zu Problemen der Koalitionspartner könnte es auch in der Verteidigungspolitik kommen, da die Liberalen schon gegen den Irak-Krieg gestimmt und sich auch skeptisch über das militärische Engagement der Briten in Afghanistan geäußert haben. Bei der Hauptforderung der Liberaldemokraten, einer Abschaffung des Mehrheitswahlrechts, boten die Tories Clegg eine Volksabstimmung an. Bei diesem Referendum soll es aber nicht um einen tiefgreifenden Systemwechsel, sondern lediglich um Anpassungen gehen.

Erstmals seit WWII Koalitionsregierung

Für Großbritannien bedeutet die neue Regierung eine Zeitenwende. Erstmals seit dem Zweiten Weltkrieg stellt nicht nur eine Partei die Regierung. Zudem kehrt nach 13 Jahren ein Tory in die Downing Street Number 10 zurück. Gordon Brown war am Dienstagabend nach drei Jahren als Premierminister und Chef der Labour-Partei zurückgetreten. In seinem Rücktrittsschreiben empfahl er der Queen, David Cameron zum neuen Premier zu ernennen. Anschließend traf Cameron im Buckingham-Palast ein und erhielt von Queen Elizabeth II. den Auftrag zur Regierungsbildung. Unmittelbar danach begab sich der neue Premierminister zum Amtssitz Downing Street 10.

Vier Minister für die LibDems

Cameron ist mit 43 Jahren der jüngste Premierminister Großbritanniens seit fast 200 Jahren. Schon in der Nacht auf Dienstag nahm das neue Kabinett Formen an. Nick Clegg wird Cameron in Abwesenheit vertreten. Die Liberaldemokraten, die das Bündnis mit den Tories noch in der Nacht formell absegneten, haben zudem vier Ministerposten aushandeln können.

EU-Kritiker wird Außenminister

Zum Außenminister ernannte Cameron den früheren Tory-Parteichef William Hague. Der 49-Jährige ist ein entschiedener EU-Skeptiker, vertritt jedoch seit einiger Zeit gemäßigtere Positionen. Neben Clegg sind vier liberaldemokratische Minister im Kabinett vertreten, darunter Vince Cable als neuer Wirtschaftsminister. Neuer Finanzminister ist George Osborne. Er wird in diesem Monat 39 Jahre alt und ist damit der jüngste britische Finanzminister seit über einem Jahrhundert. Einige Experten in der Finanzbranche bezweifeln daher, ob er die schwierige Finanzlage in den Griff bekommen wird.

Hague hat  seine europakritische Linie bekräftigt. Mit dem liberaldemokratischen Koalitionspartner sei beschlossen worden, dass in der nächsten Legislaturperiode keine weitere Macht von London nach Brüssel übertragen werden solle, sagte der Politiker der konservativen Tories am Mittwoch im BBC-Radio. Er hoffe, dass es mit den eigentlich europafreundlichen Liberalen keine Schwierigkeiten in EU-Fragen geben werde.

Finanzminister für die Tories

Neuer Finanzminister ist George Osborne. Er wird in diesem Monat 39 Jahre alt und ist damit der jüngste britische Finanzminister seit über einem Jahrhundert. Einige Experten in der Finanzbranche bezweifeln daher, ob er die schwierige Finanzlage in den Griff bekommen wird. Osborne plant eine Reform des Banken- und Steuersystems des Landes. Bei seinem Amtsantritt kündigte Osborne am Mittwoch Strukturreformen des Systems an, "so dass es fairer zu Menschen mit niedrigeren und mittleren Einkommen ist". Es werde langfristige Reformen im Bankensystem, in der Bildung und der sozialen Absicherung geben. Nach ihrem Sieg bei der Parlamentswahl bilden die Konservativen mit den Liberal-Demokraten die neue britische Regierung.

Verteidigungsminister Fox

Der Konservative Liam Fox soll Verteidigungsminister werden, berichteten Medien übereinstimmend. Cameron sagte bei seiner ersten Ansprache, es stehe "harte Arbeit" bevor. Großbritannien trägt schwer an einer massiven Staatsverschuldung und kämpft immer noch mit den Folgen der Finanzkrise.

Nur wenige Minuten nach Camerons Ernennung gratulierte US-Präsident Barack Obama dem neuen britischen Premier in einem Telefonat und lud ihn für Juli nach Washington ein. Auch die deutsche Kanzlerin Angela Merkel und der französische Präsident Nicolas Sarkozy wünschten dem konservativen Politiker alles Gute. Sarkozy forderte Cameron auf, sich als Premier für die europäische Sache einzusetzen.

Die Konservative Theresa May wird Innenministerin. Kenneth Clarke übernimmt das Justizressort. Duncan Smith - ebenfalls ein Konservativer - übernimmt das Pensionsministerium.

Minister der LibDems

Das Wirtschaftsministerium wird der Liberaldemokrat Vince Cable übernehmen. Mehr ist derzeit nicht bekannt. Insgesamt haben die Liberaldemokraten vier Ministerposten ausverhandelt.

Ende von "New Labour"

Mit der neuen blau-gelben Regierung endet die Ära von "New Labour", die 1997 unter Browns Vorgänger Tony Blair begonnen hatte. Brown war seit Sommer 2007 Premier, nachdem er unter Blair zehn Jahre als Finanzminister gedient hatte. Blair sagte nach einem Telefonat mit Brown, dieser habe am Montag "Würde, Mut und Führerschaft" gezeigt.

Den Labour-Vorsitz hält nun kommissarisch Vize-Chefin Harriet Harman, bis ein Nachfolger für Brown gefunden ist. Die besten Chancen auf die Nachfolge Browns hat Experten zufolge Außenminister David Miliband. Der langjährige Labour-Politiker David Owen äußerte am Dienstagabend im US-Nachrichtensender CNN die Erwartung, dass Labour nun stärker nach links rücken und zu einer "sozialdemokratischen Partei kontinentaleuropäischer Prägung" werde. (APA/AFP/Reuters)