Foto: Rene van Bakel

Umweltminister Nikolaus Berlakovich mag Pilze, Eichen und nasse Wiesen. Über die neue Sehnsucht nach und den Wert der Natur sprach er mit Michael Hausenblas bei einem Waldspaziergang.

***

Märchenwald, Zauberwald, Räuberwald. Was fasziniert den Menschen am Wald? 

Nikolaus Berlakovich: Es geht um Einzigartigkeit, um das Dunkle, das Mystische. Als ich zuletzt mit meiner Familie im Wald spazieren war und es allmählich dunkel wurde, hatte das schon auch etwas Unheimliches. 

Wie alt schätzen Sie diese Eiche dort drüben? 

Nikolaus Berlakovich: Ich würde sagen, 50, 60 Jahre. 

Glauben Sie, dass damals schon jemand an Umweltschutz gedacht hat? 

Nikolaus Berlakovich: Ich glaube schon. Der Begriff der Nachhaltigkeit stammt ja aus der Forstwirtschaft und ist vor 150 Jahren erstmals im Forstgesetz vorgekommen. Dieses Bewusstsein ist natürlich besonders in den letzten Jahrzehnten gewachsen. Durch die Hainburger Au, Tschernobyl usw. 

Und wenn wir versuchen, in die Zukunft zu blicken. Was würden Sie gern an diesem Ort in 50, 60 Jahren sehen? 

Nikolaus Berlakovich: Dieselbe Pflanzenvielfalt, die man auch jetzt sieht. Diese Eiben dort unten, den Holler, diesen Nussbaum etc. Wir sind heuer übrigens im Jahr der Artenvielfalt. 

Können Sie sich an Ihr erstes Erlebnis im Wald erinnern? 

Nikolaus Berlakovich: Ich bin schon immer sehr gerne Schwammerl suchen gegangen. Heute habe ich leider nur mehr sehr wenig Zeit dafür. Aber es war immer toll, mit den Eltern im Wald zu sein, einen Pilz zu finden und etwas über die Natur zu erfahren. Da entwickelte sich schon sehr früh eine Liebe zur Natur. 

Natur wird gern als Idylle bezeichnet? Ist das nicht bloß romantisch? 

Nikolaus Berlakovich: Klar. Gerade dieses Waldstück hier ist ja auch sehr idyllisch, zur Natur gehört aber auch der abgestorbene Baum dort drüben. Man sieht, in der Natur findet auch ein Verdrängungswettbewerb statt. 

Wie würden Sie einem Sechsjährigen den Begriff Klimawandel erklären? 

Nikolaus Berlakovich: Wir Menschen verbrauchen zu viel von der Erde. Dadurch steigt die Welttemperatur so stark an, dass sich die Lebensbedingungen, wenn es so weiter geht, verschlechtern und es nicht so schön und gemütlich bleiben würde, wie es derzeit ist. 

Verraten Sie uns Ihre größte Umweltsünde? 

Nikolaus Berlakovich: Meine größte Umweltsünde ist, dass ich berufsbedingt immer noch viel mit dem Auto fahre. Aber ich freu mich auch, dass ich zumindest für den städtischen Bereich der erste Minister bin, der ein Elektroauto als Dienstwagen hat. 

Wie erklären Sie sich die neue Sehnsucht nach Natur? 

Nikolaus Berlakovich: Ich denke, die Menschen sind heute einfach durch ihren Berufsalltag immens gefordert. Daraus entsteht so etwas wie eine Sehnsucht danach, barfuss über eine nasse Wiese zu gehen. Es geht um Ursprünglichkeit, um ein Spüren der Natur. Die Menschen sehnen sich nach Beständigkeit. Natur ist Beständigkeit. 

Aber Natur kratzt und sticht auch. Sie kann stinken und sogar töten. Wird das im Zusammenhang mit diesem lifestyligen Naturbild nicht zu sehr ausgeblendet? 

Nikolaus Berlakovich: Klar merkt man, dass Menschen, die wenig mit Natur zu tun haben, dazu neigen, die Natur zu romantisieren. Dabei bedeutet Natur auch beinharter Überlebenskampf. Ja, Natur ist auch rau. Mit dem sollte man umgehen können, sonst ist das Bild von der Natur ein falsches. Es geht darum ein Bewusstsein für die Natur zu entwickeln. Wenn ich Erde rieche und nassen Wald, dann weiß ich, wofür ich arbeite. 

Sogar die Pariser Modewoche setzte heuer stark auf "Zurück zur Natur". Was halten Sie davon? 

Nikolaus Berlakovich: Grundsätzlich find ich das gut. Das Bild von der Natur muss aber ein richtiges sein, kein verkitschtes, verdrehtes. Eine deutsche Studie besagt, dass nur jeder dritte Schüler zwischen 12 und 15 Jahren jemals einen Käfer oder Schmetterling auf der Hand hatte.

Wann hatten Sie ihren letzten freiwilligen Kontakt zu einem Krabbeltier? 

Nikolaus Berlakovich: Das war gestern. Ich habe eine Florfliege bewundert. Das ist so ein dünnes, hellgrünes Insekt mit großen Flügeln.

Sehen Sie sich Klimawandel-Katastrophenfilme im Stile von "The day after tomorrow" an? 

Nikolaus Berlakovich: Ja, schon. Wenn man den Action-Teil weglässt, hat das schon einen gewissen Unterhaltungswert. Mir geht es natürlich um ein realistisches Verhältnis. Es ist klar, dass es einen Klimawandel gibt, den wir bremsen und verhindern müssen. Die Natur ist in Wahrheit vom Menschen nicht beherrschbar. Und das ist auch gut so.