Rom - 40.000 Juristen, Staatsanwälte, Richter und einfache Bürger haben in Italien einen Appell des obersten Datenschützers, Stefano Rodota, gegen einen Gesetzesentwurf unterzeichnet, der das Abhören von Telefongesprächen einschränkt. "Wir hätten Mafia-Bosse wie Toto Riina und Bernardo Provenzano nie festnehmen können, wenn dieses Gesetz schon vor Jahren in Kraft getreten wäre", betonte der Staatsanwalt von Palermo, Antonio Ingroia.

Der Gesetzesentwurf wurde dieser Tage in der Justizkommission der Abgeordnetenkammer geändert. Nur bei klaren Beweisen eines Verbrechens dürfen die Staatsanwälte demnach Telefongespräche abhören. Wer eine Person mit einer Videokamera oder einem Tonaufnahmegerät ohne deren Erlaubnis aufnimmt, muss mit Strafen zwischen sechs Monaten und vier Jahren Haft rechnen. Zwei Monate Haft drohen Journalisten, die abgehörte Telefongespräche veröffentlichen.

Laut dem Gesetzesentwurf sollen Telefongespräche nur im Zusammenhang mit Verbrechen mit potenziellen Haftstrafen zwischen fünf und zehn Jahren abgehört werden dürfen. Inhalte von Telefonabhörungen dürfen nicht als Beweismaterial bei Prozessen dienen, es sei denn, es gehe um Verbrechen, die mit Haftstrafen zwischen fünf und zehn Jahren sanktioniert werden.

Opposition warnt vor Einschränkungen bei Kampf gegen Organisiertes Verbrechen

Die Oppositionsparteien warnen vor der Gefahr, dass mit den starken Einschränkungen bei Telefonabhörungen der Kampf der Ermittler gegen das Organisierte Verbrechen und die freie Medienberichterstattung eingeschränkt würden. Besorgt über das neue Gesetz zeigte sich auch der Richterverband ANM. Die Ermittlungen vieler Staatsanwälte in Italien könnten wegen der neuen Regeln gefährdet werden. "Ohne Abhörmaßnahmen werden die großen Kriminellen unbestraft bleiben. Die Gefängnisse werden sich weiterhin mit Personen füllen, die kleinere Delikte begangen haben", klagte der Oberstaatsanwalt von Turin, Giancarlo Caselli.

Justizminister: "Ruf zu vieler Menschen ist ruiniert worden"

Justizminister Angelino Alfano, Verfasser des umstrittenen Gesetzes, erwiderte, dass mit den neuen Regeln die Privatsphäre des Bürgers besser geschützt werden könne. "Der Ruf zu vieler Menschen ist ruiniert worden, weil Telefonabhörungen von Zeitungen abgedruckt wurden, die keine wirkliche Relevanz für die Justiz hatten", sagte Alfano. Im Verlauf eines Jahres würden mehr als 130.000 Personen abgehört, teilte Alfano mit. Der Staat gebe jährlich 224 Millionen Euro für Abhörmaßnahmen aus. (APA)