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David Cameron leitet seiner erste Kabinettssitzung.

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Glückwünsche und Blumen für den neuen Premierminister David Cameron, der in die Downing Street 10 einzieht, und für die Koalition aus Konservativen und Liberaldemokraten.

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Premier David Cameron richtete zudem einen nationalen Sicherheitsrat zur Terrorabwehr ein.

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Mit einem Bekenntnis zu "langfristigem Denken" hat gestern die neue britische Regierung ihre Arbeit aufgenommen. Auf der ersten gemeinsamen Sitzung beschloss das Kabinett unter Leitung des konservativen Premierministers David Cameron die Kürzung sämtlicher Ministergehälter um fünf Prozent. Binnen sechs Wochen soll Schatzkanzler George Osborne einen Nachtrags-Haushalt vorlegen, der die enorme Staatsverschuldung eindämmen soll.

Nach fünftägigen Verhandlungen hatten sich Konservative und Liberaldemokraten am späten Dienstagabend auf ein gemeinsames Regierungsprogramm geeinigt. Damit wird Großbritannien zum ersten Mal seit 1945 von einer Koalition regiert. Premier Cameron sagte am Mittwoch: "Kompromisse und ein vernünftiger, zivilisierter Umgang miteinander sind kein Zeichen der Schwäche, sondern der Stärke."

Die gelöste Stimmung in der neuen Koalitionsregierung brachte der neue liberale Wirtschaftsminister Vince Cable, der mit einer Inderin verheiratet ist, mit einem Witz auf den Punkt: "Meine Schwiegereltern haben mir schon immer gepredigt, dass arrangierte Ehen ihr Gutes haben." Der Koalitionsvertrag umfasst sieben Seiten und beginnt programmatisch mit der Wirtschafts- und Finanzpolitik. Wie von den Tories im Wahlkampf versprochen, sollen die Minister noch im laufenden Finanzjahr sechs Milliarden Pfund (8,8 Milliarden Euro) einsparen. Dafür erhielt die Regierung am Mittwoch ein Lob von Zentralbank-Chef Mervyn King, der sich normalerweise jeglicher politischer Äußerung enthält: "Dadurch verringert sich das Risiko einer negativen Reaktion der Märkte."

Weniger "Job-Steuer"

Die für 2011 noch von der alten Labour-Regierung beschlossene Erhöhung der Arbeitslosenversicherung wird halbiert: Nur die Arbeitnehmer müssen bezahlen, Arbeitgeber werden von der als "Job-Steuer" gebrandmarkten Erhöhung ausgenommen. Auf Betreiben der Liberaldemokraten soll im Gegenzug eine Entlastung von Niedriglohn-Beziehern eingeleitet werden. Wer weniger als 10.000 Pfund (11.700 Euro) im Jahr verdient, bezahlt in Zukunft keine Einkommensteuer mehr.

Während das Gesundheitswesen weiterhin inflationsbereinigte Zuschüsse bekommen soll, müssen sich die meisten anderen Ressorts auf harte Sparpläne gefasst machen. Die meisten Volkswirte der City erwarten eine Anhebung der Mehrwertsteuer auf mindestens 20 Prozent. Davon ist im Koalitionsvertrag nicht die Rede, ebenso wenig wie von der Sondersteuer auf große Immobilien, welche die Liberalen geplant hatten.

Eine der ersten Maßnahmen des neuen Premiers war die Einrichtung eines Nationalen Sicherheitsrates nach amerikanischem Vorbild. Dem neuen Gremium unter Camerons Leitung gehören die Chefs der Geheimdienste und der Streitkräfte, Spitzenbeamte und die Chefs der Ressorts für Finanzen, Außen-, Innen-und Verteidigungspolitik an.

Als erster Sicherheitsberater amtiert der ehemalige Staatssekretär Peter Ricketts. Er soll die Terrorabwehr koordinieren sowie den Krieg in Afghanistan unterstützen. Beim Thema EU einigten sich die europaskeptischen Konservativen und die EU-freundlichen Liberalen auf eine Kompromissformel. Weitere Kompetenzen werde man "nur nach Volksabstimmungen" , also gar nicht, nach Brüssel abgeben. Von der Repatriierung europäischer Zuständigkeiten, die sich viele Tories wünschen, ist hingegen nicht mehr die Rede. (Sebastian Borger aus London, DER STANDARD, Printausgabe, 14.5.2010)