Foto: Ismirschlecht

Der Musiker Didi Kern lässt sich gern von den Klängen der Natur inspirieren. Im Interview erzählt er Karin Krichmayr, wie er elektronischer Musik etwas Organisches einhaucht und warum er natürliche Sounds besser findet als digitale.

***

Inwieweit dient die Natur als Inspirationsquelle für Sie? 

Didi Kern: Natur ist grundsätzlich inspirierend für Musik. Je nachdem, durch welches Gelände man geht, ob im Gebirge, im Wald oder auf einem verlassenen Fabriksgelände, hört man immer wieder neue Klänge. Man muss dazu aber auch offene Ohren haben. Für mich war es immer inspirierend, Sounds aufzuschnappen, auch weil man sie nie künstlich genauso reproduzieren kann. 

Versuchen Sie, diese natürlichen Sounds zu reproduzieren? 

Didi Kern: Ich nehme immer wieder Naturklänge auf, aber sie entfalten eigentlich nur in der natürlichen Umgebung ihre totale Wirkung. Ich habe aber nicht die Intention, die Natur unbedingt nachzustellen, sondern möchte der Computermusik etwas Organisches einhauchen. Zum Beispiel habe ich Regentropfen, die auf ein Metalldach fallen, anstelle der Hi-Hats, einem Teil des Schlagzeugs, verwendet. Dadurch ist ein ganz eigener Groove entstanden, der das ganze Stück bestimmt hat. So ein Rhythmus ist auch mit dem besten elektronischen Zufallsgenerator nicht erreichbar. Oder das einzigartige Echo in den Bergen, das kein Multieffektgerät nachmachen kann. 

Wo sammeln Sie die Klänge auf, die Sie dann verwenden? 

Didi Kern: Die Regentropfen habe ich in Wien in meiner Wohnung aufgenommen. Bei Auftritten und Tourneen in verschiedenen Ländern mache ich immer wieder Soundtagebücher, wo ich die Geräuschkulisse an allen möglichen Orten mitschneide, zum Beispiel Grillenzirpen an der Nordsee. Diese Klänge Klänge aus der Natur oder auch der "urbanen Natur" stelle ich dann den digitalen gegenüber. Heute wollen viele Musikproduzenten immer nur die neueste Software, um den Klang zu verbessern, dabei reichen oft ein Mikrofon und eine gute Aufnahme aus der Umgebung. Solche Field Recordings wurden ja auch in der E-Musik oder der Musique concrète verwendet, einer Musikrichtung, bei der Klänge aus Natur, Umwelt und Technik aufgenommen und collagenartig zusammengesetzt wurden. Ich denke, Natur war immer ein allgegenwärtiges Element in der Musik und wird immer unverzichtbar sein. 

Als Schlagzeuger - welches Verhältnis haben Rhythmus und Natur? 

Didi Kern: Das Schlagzeug ist an sich sehr naturverbunden. Von der Fellbespannung bis zum Holzstick, der gewissermaßen ein Link ist zu einem Baum, der irgendwo gewachsen ist. Die Trommel ist eines der ältesten Instrumente - es braucht auch keine Steckdose. Viele andere Instrumente, besonders die von indianischen und afrikanischen Völkern, imitieren die Rhythmen und Melodien der Natur, zum Bespiel das Zwitschern von Vögeln. 

Wie viel Zeit verbringen Sie in der Natur? 

Didi Kern: Leider viel zu wenig!