Aus den Bildungsprotesten im vergangenen Jahr resultierte der Hochschuldialog - nun nehmen jedoch Rektoren sowie Studierende nicht mehr daran teil

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Wien - Nach den Rektoren steigen auch die Studenten aus dem vom Wissenschaftsministerium initiierten Hochschuldialog aus. Wissenschaftsministerin Beatrix Karl habe mit ihrer Ankündigung, die Studieneingangsphasen (STEP) als Selektionsinstrument zu verwenden, "den Bogen überspannt", begründete die Vorsitzende der Österreichischen HochschülerInnenschaft (ÖH), Sigrid Maurer, bei einer Pressekonferenz am Freitag. Auch der Studentenprotestbewegung "reicht es", so Vertreter Philipp Feldbacher.

"Karl nimmt den Hochschuldialog nicht ernst", kritisierte Maurer. Auch beim Ziel, das Budget für den Hochschulsektor auf zwei Prozent des BIP anzuheben, zeige die Ministerin kein ausreichendes Engagement. "Sie müsste dieses Ziel viel vehementer einfordern", so Feldbacher, "auch wenn es sie ihre politische Karriere kostet".

"Hinhaltetaktik"

Zum Thema STEP gebe es ein im Hochschuldialog fertig ausgearbeitetes Papier, wo als Ziel von Orientierung die Rede sei, betonte Maurer. Dies widerspreche diametral den nun von Karl angekündigten "Knock-Out-Prüfungen". Viele Themen wie etwa die Demokratisierung der Unis seien gar nicht angesprochen worden, die ganze Veranstaltung nur ein "Scheindialog" und "Hinhaltetaktik". Eine weitere Teilnahme sei "gegenüber den Studenten nicht zu verantworten".

Für Feldbacher ist es deshalb "sinnlos weiterzumachen". Der Dialog habe sich von einem prozessorientierten zu einem ergebnisorientierten Vorhaben entwickelt und werde mit Ende Juni "zu früh beendet". "Er hätte länger weitergehen müssen." Die Protestbewegung werde "wieder auf die Straße gehen und dort mit den Leuten sprechen". Die Proteste würden "dezentral fortgeführt" - auf die Frage, was dies nun konkret bedeute, meinte Feldbacher: "Lassen Sie sich überraschen."

Wissenschaftsministerin Beatrix Karl will trotz des Ausstiegs der Studenten und Rektoren den Hochschuldialog plangemäß weiterführen. Am Dienstag werde sie im Ministerrat einen Zwischenbericht präsentieren, so Karl. Anfang nächster Woche will sie sich auch mit den Studentenvertretern treffen und über deren Motive zum Ausstieg reden. Sie hoffe, dass diese wieder zurückkehren: "Nur wenn man dabei ist, kann man mitbestimmen."

Der Dialog gehe jedenfalls weiter, betonte Karl. Es würden noch zahlreiche andere Partner am Tisch sitzen wie etwa die Vertreter der Professoren, des Mittelbaus, der Fachhochschulen, der Sozialpartner, der Pädagogischen Hochschulen und Studierendenfraktionen wie die (VP-nahe, Anm.) AktionsGemeinschaft. Am 30. Juni werden bei einer Abschlussveranstaltung mit den Wissenschaftssprechern aller Parteien die Ergebnisse diskutiert.

"Ich werde vom Steuerzahler nicht für Nichtstun bezahlt"

Zum Vorwurf der Studenten, sie würde trotz des noch laufenden Dialogs bereits Beschränkungen durch die neuen Studieneingangsphasen (STEP) ankündigen, meinte Karl. "Ich werde natürlich die Ergebnisse des Hochschuldialogs ernst nehmen. Als Wissenschaftsministerin kann ich aber nicht sechs Monate zu allen wesentlichen Themen der Hochschulpolitik schweigen, und ich kann auch nicht das Regierungsprogramm ignorieren. Ich werde vom Steuerzahler nicht für Nichtstun bezahlt."

Auch den Kritikpunkt der zu frühen Beendigung des Hochschuldialogs kann Karl nicht nachvollziehen: Dieser sei von vornherein bis zum Sommer angelegt gewesen. Außerdem wolle man ihn in einer anderen Art und Weise über den Juni hinaus fortführen - allerdings nicht mehr in dieser intensiven Form. Dabei sollten alle Betroffenen wieder an einem Tisch sitzen - "es wäre wünschenswert, wenn auch die Studenten mit dabei sind".

SPÖ: Nicht überraschend

Als "bedauerlichen, aber angesichts der letzten Wortmeldungen von Wissenschaftsministerin (Beatrix, Anm.) Karl nicht unbedingt überraschenden Schritt" wertet SPÖ-Wissenschaftssprecherin Andrea Kuntzl den Ausstieg der Österreichischen HochschülerInnenschaft (ÖH) und der Studierendenprotestbewegung aus dem Hochschuldialog. Nach den Rektoren würden sich nun die nächsten wichtigen Dialogpartner zurückziehen, so Kuntzl in einer Aussendung.

Kuntzl sieht nun Karl gefordert, "konstruktive Schritte zu setzen, die geeignet sind, die Gesprächsbasis zu den Studierenden wiederherzustellen". Bestrebungen, "die in Richtung Dichtmachen der Universitäten gehen", sind für sie abzulehnen und auch "ganz sicher kein Beitrag zu mehr Konstruktivität und zur Stärkung des Wissenschaftsstandorts Österreich".

Neben der ÖH und der Protestbewegung verlassen nun auch die als eigene Studentenfraktionen ebenfalls vertretenen Fachschaftslisten (FLÖ) und der Verband Sozialistischer StudentInnen (VSStÖ) den Hochschuldialog. Die FLÖ sind von Karl "enttäuscht" und orten bei der Veranstaltung den alleinigen Zweck, die Proteste der Studenten "auszusitzen", hieß es in einer Aussendung. Der VSStÖ sieht nach den Aussagen Karls zur neuen Studieneingangsphase (STEP) eine "zielführende Kommunikation" als unmöglich an und erwartet von der SPÖ "ein starkes Zeichen gegen diese wahnwitzigen Zugangsbeschränkungen".

AG wird weiter am Dialog teilnehmen

In einer Stellungnahme gegenüber derStandard.at stellt die AktionsGemeinschaft (AG) wird weiterhin am Hochschuldialog teilnehmen. Der Hochschuldialog habe zwar seine Schwächen, sei aber trotzdem ein "produktiver Think-Tank, um hochschulpolitische Bedürfnisse und Probleme auszuarbeiten".  "Der Ausstieg der Audimax-Bewegung schadet dem Hochschuldialog in keinster Weise, da deren Repräsentanten lediglich durch beispiellose Störaktionen aufgefallen sind", sagt AG-Fraktionssprecher Samir Al-Mobayyed. Er bedauert jedoch, dass die ÖH den Dialog verlassen hat.
(APA/red)