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Mit uns verwandt und vielleicht auch irgendwie verschwägert: Der "Hobbit" von Flores.

Foto: AP Photo/National Geographic Society

Bristol/London - Die lange erwartete Rohfassung des Neandertalergenoms, die vorige Woche veröffentlicht wurde, machte alles klar: Wie das Forscherteam um Svante Pääbo vom Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie zeigen konnte, stammen ein bis vier Prozent der DNA der heute in Europa und Asien lebenden Menschen von den Neandertalern ("Science", Bd. 328, S. 710).

Mit anderen Worten: Homo sapiens und die Höhlenmenschen haben irgendwann vor 100.000 bis 45.000 Jahren vermutlich im Nahen Osten Körperflüssigkeiten ausgetauscht. Genaueres wisse man allerdings nicht, so Pääbo, also etwa: wie häufig das tatsächlich passierte (hängt von der heute unbekannten Größe der damaligen Populationen ab) oder ob daran eher Neandertaler-Frauen oder -Männer beteiligt waren.

Eine weitere genetische Studie von US-Forschern, die kürzlich auf der Tagung der American Association for Physical Anthropology präsentiert wurde, lässt nun darauf schließen, dass die Neandertaler nicht die einzigen Verwandten waren, mit denen unsere eigentlichen Vorfahren in den letzten 100.000 Jahren sexuelle Kontakte hatten

Jeffrey Long von der Universität von New Mexico in Albuquerque nahm die genetische Information von 100 modernen Menschengruppen genauer unter die Lupe und fand ebenfalls Belege, dass sich Homo sapiens nach dem Exodus aus Afrika mit anderen Homo-Gattungen gepaart haben dürfte. Und zwar höchstwahrscheinlich nicht nur mit Neandertalern.

Wie New Scientist berichtet, entdeckte Long besonders große genetische Abweichungen bei Menschen aus dem indopazifischen Raum, was auf rund 40.000 Jahre alte Einkreuzungen schließen lässt. Das können aber kaum Neandertaler gewesen sein, von denen man keine Funde aus Südostasien kennt.

Damit kommen im Grund nur zwei bekannte Kandidaten infrage: zum einen der Homo floresiensis, also die "Hobbits" der Insel Flores. Zum anderen könnten es Artgenossen des erst vor wenigen Wochen entdeckten Denissowa-Menschen (X-woman) aus Sibirien gewesen sein, der womöglich ein Homo erectus war.

Die Antwort könnte im Genom von X-woman zu finden sein, das gerade sequenziert wird. Ed Green, einer der daran beteiligten Forscher, meinte zu solchen Spekulationen immerhin so viel: "Bleiben Sie dran." (Klaus Taschwer/DER STANDARD, Printausgabe, 15./16. 5. 2010)