Wien - Der ehemalige kasachische Botschafter in Österreich, Rakhat Alijew, muss sich mit einer neuen Anzeige auseinandersetzen. Diesmal geht es um den Vorwurf der Untreue in Millionenhöhe, die Fußball-Fan Alijew gegenüber dem kasachischen Fußballverband begangen haben soll. Alijew war von 2000 bis 2007 dessen Präsident.
Dem in Ungnade gefallenen einstigen Schwiegersohn des kasachischen Präsidenten Nursultan Nasarbajew wird in seiner Heimat die Entführung und Ermordung zweier Manager der Nurbank, an der er beteiligt war, vorgeworfen. Das auf Antrag der Kasachen in Österreich eingeleitete Auslieferungsverfahren ist noch anhängig; der Aufenthaltsort des Multimillionärs ist in der Öffentlichkeit nicht bekannt; die österreichischenBehörden wissen aber angeblich, wo sich der Exbotschafter aufhält, der sich seines Lebens nicht sicher wähnt.
Diese Woche hat nun die kasachische Fußballföderation der Republik Kasachstan (bzw. deren Generalsekretär) eine Sachverhaltsdarstellung bei der Staatsanwaltschaft Wien eingebracht. Vertreten werden die Anzeiger von der Wiener Anwaltskanzlei Lansky, Ganzger und Partner, die (etwa in der Sache Nurbank) auch andere Kasachen gegen Alijew vertritt.
Laut "Sachverhaltsmitteilung" hat Alijew den Fußballverband FSK in allen Belangen vertreten, 2006 und 2007 habe der FSK "zahlreiche Sponsorgelder von nationalen und internationalen Unternehmen" erhalten. Anfang 2006, so der Vorwurf der Anzeige, habe der von Alijew vertretene FSK einen Vertrag mit der Wiener S.T.A.R.T. Managementconsulting GmbH geschlossen.
Inhalt: Beratungsleistungen, Promotion oder Leitung vonTrainingslagern. Dieser Vertrag sei freilich "nur zum Schein abgeschlossen worden, um später erfolgten Zahlungen einen fiktivenRechtsgrund zu geben" , schreiben die Anwälte. Laut Anzeige stand S.T.A.R.T. im "wirtschaftlichenEigentum Alijews" , seine heutige Frau war Geschäftsführerin gewesen. Alleingesellschafterin der S.T.A.R.T. war die A.V. Maximus Holding, in deren Aufsichtsrat Alijew, seine Frau und Ex-Notenbank-Direktor Adolf Wala gesessen waren. Auch Alijews Frau wurde angezeigt.
Aufgrund dieser Verträge erfolgten von März 2006 bis Jänner 2007 laut Anzeige acht Überweisungen auf einKonto bei der Raiffeisen Landesbank NÖ-Wien; in Summe sei rund eine Million Euro vom Fußballverband an die S.T.A.R.T. geflossen. Leistungen für die auf denRechnungen angeführten Trainingslager oder Matches seien aber nicht erfolgt: "Alle Veranstaltungen sind vom FSK oder dessenOrganen selbst organisiert und bezahlt worden" , schreiben die Anwälte und berufen sich dabei auf den heutigen FSK-Generalsekretär und einen zweiten FSK-Manager als Zeugen.
2007 habe FSK-Präsident Alijew den Fußballverband erneut "aufgefordert, einen Kooperationsvertrag mit S.T.A.R.T. abzuschließen" - in der Folge seien 371.000 Euro und 32.000Euro vom FSK bezahlt worden, wieder "ohne Gegenleistung" .
Alijews Anwalt Wolfgang Brandstetter kennt die Anzeige noch nicht, kommentiert sie daher auch nicht; die Unschuldsvermutung gilt jedenfalls. S.T.A.R.T.-Geschäftsführer Christian Leskoschek war nicht erreichbar, er ist inzwischen zu deren Abwickler geworden. S.T.A.R.T. wurde am 18. November vorigen Jahres aufgelöst. (red/DER STANDARD, Printausgabe, 15.5.2010)