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Der Euro fiel am Montag gegenüber dem Dollar auf ein Vier-Jahres-Tief. Die griechische Schuldenkrise sorgt weiterhin für Spannung an den Märkten.

Foto: APA/EPA/Panagiotou

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Die europäische Schuldenkrise hat den Euro Montagfrüh auf den tiefsten Stand seit rund vier Jahren gedrückt. Die Gemeinschaftswährung fiel zeitweilig bis auf 1,2237 Dollar. So wenig war der Euro seit April 2006 nicht mehr wert.

Frühe Verluste wieder wettgemacht

Einhergehend mit steigenden Kursen an den Aktienmärkten hat sich die Gemeinschaftswährung am Nachmittag allerdings wieder auf 1,2360 Dollar und damit auf sein Niveau von Freitagabend hochgearbeitet. "Die Aktienmärkte zeigen sich widerstandsfähig, man sieht eine gewisse konjunkturelle Festigkeit. Deshalb hat sich die große Unsicherheit für einen Moment gelegt", sagte Stratege Eugen Keller vom Bankhaus Metzler.

Dessen ungeachtet flüchten Anleger weiter ins Gold.

Finanzminister reden über Stabilitätspakt

Die Finanzchefs der 16 Euro-Länder besprechen heute ab 17 Uhr die Details des mit insgesamt 750 Mrd. Euro ausgestatteten Rettungsschirms, der klamme Mitgliedsstaaten vor dem Staatsbankrott bewahren soll. Zudem stehen die jüngsten Sparprogramme in kriselnden Mitgliedsländern auf dem Programm. Spanien und Portugal hatten neue Einschnitte, darunter Gehälter- und Rentenkürzungen sowie Steuererhöhungen, angekündigt. Nach Angaben aus Diplomatenkreisen werden die Finanzminister diese Maßnahmen gutheißen. Zudem kontrollieren sie die Sanierungsmaßnahmen in Griechenland und sprechen über die Pläne für eine Verschärfung des Euro- Stabilitätspaktes, der Haushaltssünder besser disziplinieren soll.

Die Stoßrichtung der EU-Kommission, einen ständigen Krisenbewältigungsmechanismus einzurichten, dürfte generell unterstützt werden. Deutschland will allerdings – im Gegensatz zu Österreich – auch notfalls eine Vertragsänderung in Kauf nehmen, wenn dies zu einer Verbesserung der wirtschafts- und finanzpolitischen Koordinierung notwendig sein sollte. Die bisherigen Instrumente hätten sich für eine extreme Situation als nicht ausreichend erwiesen.

Task-Force kommt am Freitag erstmals zusammen

Nicht ausgeschlossen wurde dabei neuerlich ein möglicher Ausschluss eines Euro-Landes, wobei dies aber nur eine Notmaßnahme und ultima ratio sei. Zuvor könnte eine Art Straf-Stufenplan eintreten, mit Mahnung, aber auch einer Suspendierung der Mitgliedschaft. Dabei sei ein ganzer Fächer an Maßnahmen im Rahmen dieser Vorstufen möglich.

Allerdings wurde betont, dass dieses Thema vor allem bei der Sitzung der Task-Force, die der ständige EU-Ratspräsident Van Rompuy für die Bekämpfung der Wirtschaftskrise und zuletzt der Angriffe auf den Euro ins Leben gerufen hatte, am kommenden Freitag zur Sprache kommen werde. Es wurde auch nicht ausgeschlossen, dass sich diese Task-Force der EU-27 mit ihren Finanzministern neben dem eigentlichen Finanzministerrat "relativ häufig" treffen wird.

Schärfere Regeln für CDS-Markt ...

EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier will den Markt für sogenannte Kreditausfallversicherungen (Credit Default Swaps, CDS) schärfter geregelt haben. Es müsse sichergestellt sein, dass diejenigen, die diese Finanzprodukte verwenden, auch zur Verantwortung gezogen werden könnten, sagte der Kommissar am Montag. "Das muss obligatorisch registriert werden."

Die CDS spielten zuletzt in Spekulationen gegen griechische Staatsanleihen eine wichtige Rolle. Sie sind Finanzmarktinstrumente, mit denen Marktteilnehmer gezielt auf einen Kursrutsch einer Währung wetten können. Barnier kündigte an, man werde "im Oktober ernsthaft darüber sprechen".

... und Hedgefonds

Schon am morgigen Dienstag wollen sich die 27 EU-Finanzminister außerdem über schärfere Regeln für Hedgefonds einig werden. Bisher waren zwei EU-Länder – Großbritannien und Tschechien – gegen eine solche Regulierung. Die neue britische Regierung will aber nun offenbar den Forderungen der EU nachgeben.

Bei der Hedgefonds-Regulierung ist vor allem der Anwendungsbereich für Drittstaaten umstritten. Ein "europäischer Pass" soll sicherstellen, dass das Produkt eines alternativen Investmentfonds ohne weitere Grenzkontrollen in Europa im Binnenmarkt frei zirkulieren kann. Nach einem Entwurf der spanischen EU-Präsidentschaft haben die EU-Staaten die Möglichkeit, Hedgefonds unter der Schwelle von 100 Mio. Euro und Private-Equity-Fonds unter 500 Mio. Euro von der Regulierung auszunehmen.

Damit die Richtlinie beschlossen wird, müssen sich die EU-Staaten aber auch mit dem Europaparlament einigen.

Frankreich fordert "Wirtschaftsregierung"

Frankreich fordert zur besseren Abstimmung im Kampf gegen die Krise weiterhin eine europäische Wirtschaftsregierung. Neben der Stärkung des Stabilitäts- und Wachstumspaktes und der Budgetkonsolidierung sei "eine finanzielle Regulierung in der Euro-Zone" notwendig, sagte Wirtschaftsministerin Christine Lagarde der Zeitung "France-Soir". Um dies zu erreichen, sei aus ihrer Sicht "eine Wirtschaftsregierung" der Europäischen Union notwendig – eine Forderung, die Deutschland in dieser Form seit Jahren ablehnt. Lagarde betonte, die deutsch-französischen Beziehungen seien in der Krise "mehr denn je eine zentrale Achse".

Die europäischen Staaten müssten nun "sehr schnell die juristische Struktur des europäischen Stabilisierungsfonds verabschieden", so Lagarde weiter. Die 16 Länder der Währungsunion seien bereit, "ihre Währung zu verteidigen", betonte die französische Ministerin. Der Euro sei "nicht in Gefahr". So hätten die "brutalen" Marktbewegungen am Freitag auf Basis "äußerst schmaler" Handelsvolumen stattgefunden. Sie messe dem deshalb nur eine "sehr geringe Bedeutung" bei.

Tumpel-Gugerell: "Euro nicht gefährdet"

Auch nach Ansicht von EZB-Direktoriumsmitglied Gertrude Tumpel-Gugerell ist der Euro nicht ernsthaft gefährdet. Die Preisstabilität in der Eurozone sei gegeben und werde dies auch künftig sein, sagte Tumpel-Gugerell laut Vorabmeldung in einem Interview mit dem Magazin "Top-Gewinn". Die aus Österreich stammende EZB-Direktorin appelliert aber an die Euro-Länder, Sparmaßnahmen einzuleiten, um die wirtschaftliche Stabilität sicher zu stellen. "Die Ausweitung der Staatsdefizite war in vielen Fällen zwar notwendig, aber genauso notwendig ist es, diese Defizite wieder zurückzuführen, wie dies in Europa auch vereinbart worden ist."

Das deutsche EZB-Direktoriumsmitglied Jürgen Stark sieht die derzeitige Situation "als einen Weckruf an alle Politiker im Euro-Gebiet in der EU, ihre Haltung zu überdenken und die nationalen Wirtschaftspolitiken stärker auf die Bedingungen der Währungszone auszurichten". Man befinde sich zwar in einer schweren Krise, aber es stelle niemand den Euro infrage, so Stark im ORF-Radio. Es gehe auch nicht um ein Auseinanderbrechen.

Stark empfiehlt die Bildung einer unabhängigen Kommission, die die Finanzlage der Euro-Mitgliedsländer im Auge behält und automatisch Sanktionen verhängt. "Wir haben nämlich das Problem, dass mit den derzeitigen Regeln potenzielle Sünder über Sünder befinden", sagte der EZB-Spitzenbanker.

Schäuble arbeitet an Vorschlägen zur Euro-Stärkung

Auch der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble bereitet derzeit Vorschläge zur Stärkung der Gemeinschaftswährung vor. Sein Sprecher Michael Offer sagte am Montag, im Ministerium würden mit Blick auf die am Freitag erstmals tagende "Task-Force" Maßnahmen ausgearbeitet, die die Euro-Zone insgesamt stärken sollten. Es gehe im Kern um drei Bereiche: eine bessere Vorbeugung in der EU vor Haushaltskrisen, eine bessere wirtschaftspolitische Überwachung und Koordinierung und um die Einrichtung eines festen Krisenbewältigungsrates für die Euro-Zone. Die jüngste Entwicklung des Euro, der nur knapp über 1,23 Dollar notierte, kommentierte Offer nicht.

Es gehe darum, die Wiederholung des Falles Griechenland zu verhindern, was nach Auffassung der Bundesregierung allein durch den Stabilitäts- und Wachstumspakt nicht gewährleistet sei, sagte der Sprecher. Daher seien zusätzliche Schritte notwendig, um finanzpolitische Fehlentwicklung im Währungsraum zu verhindern. Um wie viele Vorschläge es sich bei dem Schäuble-Papier handeln soll, ließ der Sprecher offen. Das Magazin "Wirtschaftswoche" hatte von einem Zwölf-Punkte-Programm berichtet. In Ministeriumskreisen wurde das aber als "überholt" bezeichnet.

Dem Bericht zufolge will Schäuble eine Schuldenbremse für Europa nach deutschem Vorbild in die Verhandlungen einbringen. Zur Disziplinierung schlage der Bundesfinanzminister den Entzug des Stimmrechts eines Euro-Staates für mindestens ein Jahr und Bußgelder vor, wenn dieses vorsätzlich gegen das europäische Wirtschafts- und Währungsrecht verstoße. Für den Notfall solle es künftig auch ein geordnetes Insolvenzverfahren für überschuldete Euro-Staaten geben. Einige dieser Punkte hatte Schäuble bereits in die Diskussion eingebracht.

Merkel verkürzt Teilnahme an EU-Gipfel

Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel verkürzt wegen der Beratungen über das Euro-Hilfspaket ihre Teilnahme am EU-Lateinamerika-Gipfel in Madrid. Die Kanzlerin nehme nur am Eröffnungsabendessen am Montag teil und reise dann wieder nach Berlin zurück, teilte das Bundespresseamt mit. Nach Angaben des Auswärtigen Amts hat auch Außenminister Guido Westerwelle seine Teilnahme am Treffen der Ressortchefs in Madrid abgesagt.

Nach dem Willen der deutschen Bundesregierung soll das Euro-Stabilisierungspaket – mit einem deutschen Anteil von maximal 148 Milliarden Euro – möglichst noch in dieser Woche im Bundestag unter Dach und Fach gebracht werden. Dazu laufen noch Beratungen, unter anderem über schärfere Regeln für die Finanzmärkte. (APA/Reuters)