Später einmal sorgt ein Motor dafür, dass ein Automobil fährt. Hier wird er erst einmal noch selbst gefahren: hinein in den Motorenprüfstand

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Der neue V8-Motor von Mercedes Benz.

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Auf dem Prüfstand wird jeder Motor bis zur Weißglut geärgert. Damit er seinen Fahrer aushält. Nein, natürlich sind das Funktionstests.

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Zu Recht werden sich manche fragen, wozu man heutzutage im Zeichen von CO2-Reduktion, Downsizing, Hybridisierung und einem mehr oder eher weniger bevorstehenden Durchbruch des Elektroautos noch neue Sechs- und Achtzylindermotoren entwickelt. Jeder Zylinder mehr bedeutet schließlich auch mehr Verbrauch. Die Antwort: Weil die Autofirmen und ganz besonders die Premiumhersteller gar nicht anders können, und zwar gleich aus mehreren Gründen.

1.) Es ist ein ungeschriebenes Gesetz, dass Innovationen immer von "oben nach unten" eingefädelt werden. Die Autoindustrie braucht die großen teuren Autos, um den ersten Schwung an Investitionen für neue Technologien zurückzuverdienen.
2.) Nicht überall auf der Welt werden große Limousinen mittlerweile schräg angeschaut. Gerade in jenen Märkten, die mittelfristig das höchste Wachstumspotenzial versprechen, lässt sich auch mit luxuriösen Autos noch längerfristig das meiste Geld machen.
3.) Je fetter die Maschine, desto plakativer lässt sich auch der Fortschritt darstellen. Ein teures Auto erlaubt auch teure Maßnahmen zur Verbrauchsreduktion.

Höher hüpfende Herzen
Damit sind wir mitten in der Geschichte: Mercedes präsentiert neue V6- und V8-Motoren. Den V6 vorläufig als Sauger, den V8 gleich als Biturbo mit einem Turbolader je Zylinderbank. Das Herz des Motorenbauers hüpft höher bei solchen Verlautbarungen, etwa betreffend den neuen V8: zwölf Prozent mehr Leistung trotz 0,8 Liter weniger Hubraum. Das Drehmoment stieg sogar von 530 auf 700 Nm – ein Plus von 32 Prozent. Der Verbrauch sank hingegen um 22 Prozent. Und der V6 wurde noch mehr sparsamer: Normschnitt 7,6 l / 100 km, das sind 24 Prozent weniger – auf dem Prüfstand.

Wie brachte man nun das zustande? Unumwunden gibt man zu, dass die Start-Stopp-Automatik einen nicht unerheblichen Anteil am Erfolg hat. Und zwar, weil sie etwa beim V8 nicht nur aus einem kräftigeren Starter besteht, sondern der Motor im Wesentlichen gleich über die Verbrennung selbst startet. Der Starter macht nur einen kleinen Schubs ganz am Anfang. Die Verbrennung beginnt immer bei dem Zylinder, der gerade optimal zum Starten steht. Blitzschnell saust der Motor aus eigener Kraft hoch. Das ist natürlich auch viel komfortabler als ein anhaltendes Startergejammer.

Neben der Piezo-Mehrfacheinspritzung ist auch die Mehrfachzündung ein wichtiger Bestandteil, um den Verbrauch in den Griff zu kriegen. So kann eine Zündkerze im gleichen Arbeitsgang mehrere Funken abgeben. Mehrfacheinspritzung mal Mehrfachzündung ergibt mannigfaltige Möglichkeiten zur Steuerung der Verbrennung. Die massive Erhöhung der Drehmomente steigert einerseits die Fahrdynamik, sie wird aber auch dafür herangezogen, um über längere Übersetzungen das Drehzahlniveau zu senken und damit den Verbrauch. Und der Geräuschkomfort wird noch einmal verbessert.

Wichtig zur Erreichung der ambitionierten Verbrauchsziele war natürlich auch die Feinarbeit am Umfeld des Motorkernstücks. Stichworte: Ölversorgung, Kühlflüssigkeits- und Generatormanagement. Wichtiger noch als all die plakativen Erfolge scheint aber die Tatsache, dass die neuen Motoren voll auf eine künftige Hybridisierung vorbereitet sind. (Rudolf Skarics/DER STANDARD/Automobil/14.5.2010)