Brüssel - Gestützt auf Atomwaffen und eine eigene Raketenabwehr will die NATO den Herausforderungen des 21. Jahrhunderts schlagkräftiger begegnen. Das sieht das neue strategische Konzept des Bündnisses vor, das eine Expertenkommission um die frühere US-Außenministerin Madeleine Albright am Montag dem NATO-Rat in Brüssel präsentierte. Die Staats- und Regierungschefs der 28 Mitgliedsländer sollen die neue Strategie im November in Portugal beschließen.

"Solange Atomwaffen existieren, sollte die NATO sichere und verlässliche Nuklearkräfte behalten", heißt es in den 55-seitigen Empfehlungen der Experten. Zudem wirbt die Gruppe um Albright für den Aufbau einer eigenen Raketenabwehr in enger Zusammenarbeit mit Russland. Die US-Pläne für eine Raketenabwehr werden damit erstmals "voll in einen NATO-Kontext gestellt", wie es in dem Entwurf heißt. "Der Schutz vor einem möglichen Raketenangriff des Irans ist der Ausgangspunkt für etwas, was für die NATO zu einer unerlässlichen militärischen Aufgabe geworden ist."

Beziehung zu Russland

Die Expertengruppe fordert auch eine Verstärkung der militärischen Beistandsgarantie für den Fall eines Angriffs auf einen einzelnen Mitgliedsstaat. "Die zentrale Verpflichtung der NATO bleibt unverändert", heißt es in dem Bericht. Die Beistandsgarantie für den Fall eines Angriffs müsse aber glaubhaft sein: Deswegen seien Notfallplanungen, Übungen, einsatzfähige Truppen und Versorgungsplanungen nötig. Mit dieser Forderung unterstützen die Experten vor allem ein Verlangen baltischer und osteuropäischer Staaten, die konkrete Zeichen der Verteidigungsbereitschaft fordern.

Die Zusammenarbeit mit Russland muss nach Ansicht der Experten ausgebaut werden. "Obwohl das Bündnis weder eine militärische Bedrohung Russlands ist noch Russland als Bedrohung der NATO begreift, bestehen weiterhin Zweifel auf beiden Seiten über die Absichten und die Politik des jeweils anderen." Die Experten empfahlen eine deutlich intensivere Zusammenarbeit zwischen der NATO und Moskau beispielsweise in Abrüstungsfragen, Raketenabwehr, Piratenbekämpfung und Drogenbekämpfung.

Mit der neuen Strategie will die Verteidigungsallianz gezielter auf Problemländer wie Iran oder Nordkorea oder auf Angriffe im Internet reagieren. Sie löst die alte Bündnis-Strategie von 1999 ab. (APA/AFP/dpa)