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Die Justizministerin kann sich eine Kronzeugen-Regelung vorstellen.

Foto: APA/ROBERT JAEGER

Geinberg - Um die Reform des Haupt- und Rechtsmittelverfahrens dreht sich die diesjährige Richterwoche, die am Montag in Geinberg im Innviertel eröffnet worden ist. Justizministerin Claudia Bandion-Ortner (VP) erteilte dabei dem Kreuzverhör nach US-amerikanischem Vorbild eine Absage. Eine Kronzeugen-Regelung kann sie sich demgegenüber vorstellen.

"In Bereichen, wo es scheinbar keine Opfer gibt, ist das vorstellbar. Bei Korruptionsfällen oder im Bereich der Organisierten Kriminalität, wo die Beweisführung oft schwierig ist, kann man Anreize schaffen, dass es zur Aufdeckung und Aufklärung solcher strafbarer Handlungen kommt", sagte Bandion-Ortner. Offen sei, "wie intensiv die Sonderbehandlung solcher Kronzeugen sein soll".

"Richter darf nicht zum Schiedsrichter verkommen"

Nicht anschließen kann sich die Ministerin einem Wunsch der Vereinigung der Österreichischen StrafverteidigerInnen, die dafür eintritt, in der Hauptverhandlung die Vernehmung von Angeklagten und Zeugen zukünftig primär Staatsanwalt und Verteidiger zu überlassen. "Der Richter darf nicht zum Schiedsrichter verkommen. Er soll wie bisher zuerst das Fragerecht ausüben, den inkriminierten Sachverhalt untersuchen und aufzuklären versuchen", betonte Bandion-Ortner, wobei sie auf ihre eigenen Erfahrungen als langjährige Strafrichterin verweist.

Dem Vorschlag, dass Richter ohne detaillierte Aktenkenntnis und damit möglichst unbefangen in eine Verhandlung gehen sollen, kann Bandion-Ortner ebenfalls wenig abgewinnen: "Sie sollen im Gegenteil alle Facetten eines Falls kennen. Das dient gleichermaßen der Wahrheitsfindung wie der Verfahrensökonomie."

In Bezug auf Prozessabsprachen will die Justizministerin Erfahrungen in Deutschland abwarten, wo derartig verfahrensverkürzende Maßnahmen bereits gesetzlich verankert sind. In jedem Fall sei in diesem Bereich Transparenz besonders wichtig, um nicht den Eindruck zu erwecken, die materielle Wahrheitsfindung bleibe dabei auf der Strecke.

Reform müsse "budgetschonend" sein

Eine allfällige Reform des Haupt- und Rechtsmittelverfahrens habe sich generell an zwei tragenden Säulen zu orientieren, bemerkte Bandion-Ortner abschließend: "Es muss eine Reform sein, die in den Köpfen und Herzen der Hauptakteure gelebt wird". Zudem habe sie in einer Zeit knapper Ressourcen "budgetschonend" zu erfolgen. (APA)