Zagreb - Die Korruptionsaffäre in Kroatien um das staatliche Stromunternehmen HEP (Hrvatska elektroprivreda) ist bei Ministerpräsidentin Jadranka Kosor von der HDZ (Kroatische Demokratische Gemeinschaft) angelangt. HEP hat wegen eines Vertrags mit der Leichtmetallfabrik TLM einen Schaden in der Höhe von 600 Mio. Kuna (83 Mio. Euro) erlitten.

Kosor, damals Vize-Regierungschefin, hat 2007 den Privatisierungsvertrag der früher staatlichen TLM unterschrieben. Die Vorwürfe gegen Kosor, die HDZ- und die Regierungsspitze hat der Hauptbeschuldigte in der HEP-Affäre, Damir Polanèec, erhoben.

Der Exwirtschaftsminister sitzt wegen einer anderen Affäre beim Lebensmittelhersteller Podravka in Untersuchungshaft. Er sagte zum Fall HEP-TLM, er sei so schuldig oder unschuldig wie der engere Kreis der HDZ.

Die HDZ-Spitze verteidigte sich gegen Vorwürfe. Vizeparteichef Andrija Hebrang sagte, dass durch den betreffenden Vertrag, in dem der Verkauf von billigem Strom der HEP an TLM beschlossen wurde, bei der Metallfabrik der Abbau von 1400 Jobs verhindert worden sei. Ein Rücktritt Kosors, weil nach der Privatisierung offenbar strafrechtlich relevante Vergehen begangen wurden, kommt für ihn nicht infrage: "Absolut nein, denn die Entscheidung, die die Regierungschefin unterschrieben hat, war gut. Sie konnte in dem Moment nicht wissen, dass drei Wochen später jemand eine Straftat begehen wird, denn das war nicht vorauszusehen" , sagte Hebrang.

Bisher hieß es bei HDZ, dass Strompreise nicht Gegenstand von Regierungssitzungen gewesen seien. Dem widersprach aber ein früheres HEP-Vorstandsmitglied, Krešimir Æosić, wiewohl er einräumte, dass bei den Vertragsabschlüssen keine böse Absicht geherrscht habe, die Wirtschaftskrise aber zu unvorhersehbaren Nachteilen geführt habe. (APA, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 18.5.2010)