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Fünf Busse stünden als Schienenersatzverkehr am Bahnhofsvorplatz, hieß es im Zug Richtung Wien - am Vorplatz warteten dann jedoch keine fünf Busse, dafür bereits hunderte Passagiere früherer Züge.

Foto: APA/Schneider

Wien - Gegen 18 Uhr kam die Durchsage: Leider, verkündete die freundliche Stimme im ÖBB-EC von Klagenfurt nach Wien, leider müssten die Fahrgäste den Zug in Mürzzuschlag verlassen. Nichts Genaues wüsste man, nur so viel: Der Sturm habe eine Oberleitung beschädigt. Aber alles wird gut; fünf Busse stünden als Schienenersatzverkehr am Bahnhofsvorplatz.

Das Kind in der einen und Koffer in der anderen also hinaus in Regen und zehn Grad Kälte. Abenteuer Zugreise. Am Vorplatz keine fünf Busse, dafür bereits hunderte Passagiere früherer Züge. Ein überbeladener Bus fährt gerade weg. Mittendrin im Tohuwabohu: zwei alleinreisende 13-jährige Mädchen, die laut Fahrplan schon längst in Wien hätten sein sollen. Inzwischen spucken immer neue Züge immer neue ratlose, frierende, zunehmend frustrierte Menschen aus. ÖBBler ist keiner zu sehen. Niemand, der das Chaos geordnet hätte. Keine Durchsagen. Keine Informationen. Keine Taxis. Zu wenige Busse. Und wieder ein Zug. Warten. Drängen. Schubsen. Kinder und Mütter fallen wieder in die letzte Reihe zurück.

Eine ältere Dame hatte gerade ihren Koffer in die Gepäcklade des Busses gehievt und wollte sich den Weg zur Tür bahnen. Doch nur den Fittesten, den Gepäcks- und Kinderlosen winkt das Glück der Weiterfahrt. Die Tür geht zu, der Koffer ist drin, die Dame draußen. Der Bus fährt ab. Irgendwann werden Koffer und Dame einander hoffentlich wiedergesehen haben.

Notgemeinschaften

Kleine Notgemeinschaften bilden sich; wer zum Taxiruf durchkommt, weint beinah vor Erleichterung. Mutter und Kind, zwei dreizehnjährige Mädchen, ein Ehepaar und zwei alleinstehende Damen teilen sich einen Minivan nach Wiener Neustadt. Dort steht auf der Anzeigetafel, der Intercity habe zehn Minuten Verspätung. Auf Anfrage, ob das denn stimmen könne, sagt der ÖBB-Mann vor Ort lapidar, das wisse er jetzt auch nicht so genau.

Zwischen 17 Uhr 30 Sonntagabend und Montag sechs Uhr früh sei die Südbahnstrecke unterbrochen gewesen, sagt Nikolaus Käfer, Sprecher der ÖBB-Infrastruktur. Es hätten extreme Zustände geherrscht, Sturmgeschwindigkeiten bis zu 140 km/h, umstürzende Bäume hätten immer wieder Mitarbeiter gefährdet. Und Busse seien wegen des Klagenfurter Cupendspiels knapp gewesen.

Fürs Wetter können die ÖBB tatsächlich nichts. Aber zügig informieren sollte zur Kernkompetenz zählen. Nikolaus Käfer entschuldigt sich. Immerhin. (Andrea Schurian/DER STANDARD-Printausgabe, 18.5.2010)