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Marko: "Adrian Newey hat sich seine Musiker gesucht, wir haben in allen Abteilungen seit drei Jahren absolute Topleute."

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Monte Carlo/Wien - Überschwänglich waren die Feierlichkeiten nach dem historischen Triumph in Monaco ausgefallen. Selbst Red Bulls Motorsportchef Helmut Marko war am Wochenende im Pool gelandet. Der 67-jährige Steirer ist einer der wichtigsten Hintermänner des Erfolgslaufes des österreichisch-englischen Rennstalls in der Formel 1. Marko spricht im Interview über langfristige Planungen, Abwerbungsversuche und darüber, warum Konkurrenz im Team befruchtend wirkt.

2011 gibt es wieder ein neues Reglement. Ist diese Saison also jene, in der Red Bull Weltmeister werden muss?
Marko: "Mit dem Paket, das wir haben, muss man ganz klar um die WM fahren - auch in den nächsten Jahren. Wir haben die nötigen Leute, die nötigen Simulationen und die nötigen Werkzeuge, um uns auf Änderungen einzustellen. Wir haben schon 2008 ein Siegerauto gehabt, 2009 sowieso. Man kann nicht sagen, das sind Zufallstreffer, wenn man drei Jahre hintereinander ein Topauto baut."

Das Team ist klarer WM-Favorit. Was hat man in den vergangenen fünf Jahren richtig gemacht?
Marko: "Jaguar war etwas verstaubt, wir haben mit einem sukzessiven Umbau begonnen. Adrian Newey hat sich seine Musiker gesucht, wir haben in allen Abteilungen seit drei Jahren absolute Topleute. Das merkt man auch daran, dass es permanent Abwerbungsversuche gibt. Das ist keine Beschwerde, aber wir haben bei weitem nicht das höchste Budget. Wir haben nicht die meisten Leute, aber im Preis-Leistungs-Verhältnis sind wir ganz vorne."

Red Bull ist in aller Munde. Retrospektiv war es richtig, einen Rennstall zu kaufen und nicht nur als Sponsor einzusteigen.
Marko: "Es war immer schon die Forderung von Dietrich Mateschitz, dass er nicht nur irgendwo ein Pickerl draufpickt. Als Sponsor kann man zwar herummonieren, aber de facto nicht eingreifen. Bei Red Bull gab es eine Vision, der auch die nötige Zeit gegeben worden ist. Denn von heute auf morgen geht nichts."

Wen würden Sie derzeit als Hauptkonkurrenten ansehen?
Marko: "Es gibt zwei Leute, die wir in der WM fürchten. Das sind Fernando Alonso, weil er fahrerisch als Gesamtpaket absolute Spitze ist, und Lewis Hamilton. Was die anderen machen, kümmert uns aber eher weniger. Wir gehen unseren Weg. Wir haben bisher sechs Pole Positions gehabt. Eigentlich sollten wir in der WM schon 30 Punkte vorne liegen."

Das Titelrennen könnte zum Stallduell werden. Wie wichtig ist die Mischung zwischen einem Routinier und einem jungen Piloten?
Marko: "Wichtig ist, dass beide auf einem hohen fahrerischen Niveau sind. Sie haben immer den Vergleich und führen sich selbst, aber auch das Auto, ans absolute Limit. Ein Vettel oder ein Webber ohne den Widerpart im Team wären nicht dort, wo sie jetzt stehen. Unser Auto ist im Abstimmungsverhalten nicht einfach. Webber hat in Barcelona und Monaco die bessere Basis gefunden und das souverän umgesetzt. Das gibt einem Fahrer irrsinnig viel Selbstvertrauen."

Inwieweit beschleunigt das die Zukunftsplanungen mit ihm?
Marko: "Die Leistungen werden von seinem Management natürlich für Gehaltsverhandlungen genutzt. Er will bleiben, wir wissen aber, was er uns Wert ist. Unser Wunsch ist es, mit Webber und Vettel weiterzumachen. Die Gespräche laufen. Es ist nicht mehr so, dass wir irgendwo anklopfen müssen."

Ist das Team so attraktiv, dass Vettel ohnehin nie weggehen würde? Oder besteht irgendwann die Gefahr einer Marke wie Ferrari?
Marko: "Ferrari ist für jeden Fahrer etwas ganz Spezielles. Nur muss man die jeweilige Situation betrachten. Warum soll er dorthin gehen zu einem Alonso, wo es ihm bei uns mehr als gut geht?"

Wenn Sie die hypothetische Chance hätten, Vettel für den Rest seiner Karriere an das Team zu binden, würden Sie es tun?
Marko: "So etwas wollen wir nicht. Da muss man den Begriff der Ehe strapazieren. Er muss sich bei uns wohlfühlen und für uns fahren wollen, darf aber nicht pragmatisiert sein."

In welchen Bereichen kann bzw. muss er sich noch verbessern?
Marko: "Es geht um die Routine. Damit kann man sich mental noch viel besser präparieren. Jetzt will er unbedingt. Wenn jemand schneller ist als er, ist das für ihn das Ärgste. Aber so eine Einstellung braucht man. Er ist fast nicht einzubremsen. Wenn er einmal seinen ersten Titel hat, wird er alles entspannter angehen."

Das Luftschacht-System wird für die kommende Saison wieder abgeschafft. Wann bringt es Red Bull?
Marko: "Es ist ein genialer Ansatz von McLaren gewesen. Weil der Zeitunterschied je nach Strecke drei bis fünf Zehntelsekunden beträgt, müssen wir es auch machen. Wir planen es für Istanbul, wobei das System an sich nicht das Problem ist. Die Chassis sind homologiert, daher kann kein Team einfach so ein Loch hineinbohren. Wir müssen dafür Innereien im Auto umlegen."

Wie wichtig wäre es, möglichst bald den Reifenausstatter für die kommende Saison zu kennen, um das Auto bauen zu können?
Marko: "Das ist für alle gleich. Wir sind so gut, wir können uns auf alles einstellen. Es darf zwar nicht September werden, aber unsere Leute sind mit dem Auto für 2011 erst in der Grundkonzeption." (APA)