Wien - Die Debatte um das ÖBB-Pensionssystem geht weiter: Finanzstaatssekretär Reinhold Lopatka (VP) kritisierte im Morgenjournal des ORF-Radio, das Pensionsantrittsalter bei der Bundesbahn sei sogar noch gesunken. Heuer seien die ÖBB-Bediensteten in den ersten drei Monaten im Schnitt mit 51 Jahren in Pension gegangen, im Vorjahr sei das Antrittsalter noch bei 52 Jahren gelegen. Für ÖBB-Personalchef Emmerich Bachmayer ist Lopatkas Vergleich mit dem Vorjahr nicht stichhaltig: Heuer sei in den ersten drei Monaten kein einziger Eisenbahner regulär in Pension gegangen, sondern "erfahrungsgemäß nur aus krankheitsbedingten Gründen".

Die ÖBB reagierten auf die VP-Vorwürfe und wiesen sie entschieden zurück. Lopatka verwende falsche Zahlen, kritisierte ÖBB-Sprecher Alfred Ruhaltinger. In den ersten drei Monaten seien insgesamt 66 ÖBB-Bedienstete pensioniert worden, alle ausschließlich aus wegen Krankheit bzw. Arbeitsunfähigkeit. Bei einem Unternehmen von insgesamt rund 43.000 Beschäftigten liege die Bundesbahn damit unter dem Schnitt. Lopatka hatte für diese drei Monate ein Pensionsantrittsalter von 51 Jahren errechnet und kritisiert. Der Staatssekretär solle nicht Äpfel mit Birnen verwechseln, konterte der ÖBB-Sprecher.

Im April und Mai sei es bei den ÖBB zu 88 Pensionierungen mit einem durchschnittlichen Antrittsalter von 53,9 Jahren gekommen. Dies sei eine deutliche Steigerung, obwohl auch hier die überwiegende Anzahl der Pensionierungen krankheitsbedingt erfolgt sei. Im Vergleichszeitraum Jänner bis Mai seien gegenüber dem Vorjahr um ein Viertel weniger Eisenbahner in Pension gegangen. Beim Auftrag von Verkehrsministerin Doris Bures (SPÖ), das Pensionsantrittsalter jährlich um ein Jahr anzuheben, "sind wir im Plan", sagte Ruhaltinger.

"Ungerechtfertigte Aufschlagszahlungen"

Lopatka ortet einen entgegengesetzten Trend: Im Jänner 2010 sei das Pensionsantrittsalter bei 49,6 Jahren gelegen, im Februar bei 52,0 und im März bei 51,4 Jahren. Im Schnitt habe damit im ersten Quartal das Antrittsalter exakt 51 Jahre betragen. In der Vorjahresperiode (1. Quartal 2009) sei das Antrittsalter noch um ein halbes Jahr höher gelegen, im gesamten Vorjahr seien die Beschäftigten im Schnitt mit 52 Jahren in Pension gegangen. Lopatka kritisierte im ORF-Morgenjournal auch die Regelung bei den ÖBB, dass man nach einem Jahr Krankenstand unabhängig vom Alter automatisch in Pension gehen könne.

Weiters gebe es "ungerechtfertigte Aufschlagszahlungen" von mehr als 12 Prozent bei den Pensionen, alleine diese würden laut Rechnungshof in den kommenden Jahren mehr als 1,2 Milliarden Euro kosten: "Der Steuerzahler zahlt für die ÖBB-Pensionen 2010 somit mehr als für die gesamte Landesverteidigung". Auch der Schuldenstand bei den ÖBB sei "explodiert" von 6,4 Mrd. Euro im Jahr 2005 auf 17,6 Mrd. Euro 2010, die Zuschüsse des Staates auf 7 Mrd. Euro gestiegen. Bures und das neue Management seien zum Handeln aufgefordert, so der VP-Staatssekretär.

Dem Koalitionspartner gefällt das "ÖBB-Bashing" jedenfalls auch nicht. SPÖ-NÖ-Landesgeschäftsführer Günter Steindl fordert Lopatka auf, damit aufzuhören, das "ständige Heruntermachen" hätten die ÖBBler nicht verdient. SP-Bundesgeschäftsführer Günther Kräuter wirf Lopatka gar "blinde Polemik gegen die ÖBB und ihre Beschäftigten ohne Rücksicht auf die Fakten vor". (APA/red)