Wien - Der Prozessfinanzierer Advofin holt zu einem neuen Schlag gegen die ehemalige Meinl European Land (MEL, heute Atrium Real Estate) und die Meinl Bank aus. Zwei von Advofin beauftragte Schweizer Gutachter befinden die am 8. Juli 2005 bei der Hauptversammlung (HV) im Wiener Palais Ferstl abgesegnete Kapitalerhöhung über rund 1,8 Mrd. Euro für nichtig, berichtet das "WirtschaftsBlatt" am Dienstag. Mithilfe des Gutachtens will der Prozessfinanzierer für rund 9.000 MEL-Anleger die Wandlung ihres Investments einklagen. Die Meinl Bank bestreitet die Vorwürfe. Indes hat sich Atrium bei der heutigen HV auf der Kanalinsel Jersey ein Aktienrückkaufprogramm und eine Kapitalerhöhung absegnen lassen.
Laut dem Gutachten des Schweizer "Instituts für Rechtsvergleichung" in Lausanne ist die HV von 2005, bei der das Kapital von 100 Mio. auf 500 Mio. Stück Aktien aufgestockt wurde, nach Jersey-Recht nicht korrekt abgelaufen, "da keine der beiden im Aktienregister eingetragenen Aktionärinnen (Oesterreichische Kontrollbank/OeKB, Meinl European Real Estate, Anm.) ... anwesend war." Eine derartige Versammlung "war beschlussunfähig und konnte keine Kapitalerhöhung beschließen", heißt es in dem Papier laut Zeitung. Außerdem seien die Zertifikateinhaber weder zur Vertretung der MEL bestellt noch mit schriftlichen Stimmrechtsvollmachten (der Treuhänderin OeKB) ausgestattet worden." Eine nachträgliche "Heilung" dieser Kapitalerhöhung durch den Eintrag im Handelsregister könne nicht erfolgen. Die Gutachter Lukas Heckendorn-Urscheler und Martin Sychold seien der Ansicht, dass im Fall MEL Jersey-Recht und nicht britisches Recht gelte.
Kapitalerhöhung rückabwickeln
In den Augen von Advofin-Chef Franz Kallinger ist die Kapitalerhöhung rückabzuwickeln. "Die Meinl Bank hat ein Riesenproblem, es wurden Zertifikate ausgegeben, die es nicht gibt", sagte er der Zeitung. Die Zertifikateinhaber seien lediglich Besucher gewesen. Die OeKB hätte ihnen eine Vollmacht ausstellen müssen, damit sie ihre Stimmrechte ausüben hätte können, meint Kallinger. Auch die Meinl Bank selbst, die bei der HV das Stimmrecht für 13,52 Mio. Aktien ausübte, habe über keine schriftliche Vollmacht der OeKB verfügt. Ähnlich hatten bereits die Anlegeranwälte Michael Poduschka und Eric Breiteneder im Vorjahr in einem Schreiben argumentiert. Aus ihrer Sicht waren "sämtliche vor dem 16. Juli 2008 getroffenen HV-Beschlüsse der MEL ... nichtig", weil bis dahin an den HVs weder die OeKB noch von dieser Bevollmächtigte an den HVs teilgenommen hätten.
Die Meinl Bank jedenfalls hat die Vorwürfe gegenüber dem "WirtschaftsBlatt" zurückgewiesen. "Die angeführten Punkte sind alt und wurden sämtlich bereits in der Vergangenheit widerlegt", sagte ein Bank-Sprecher. Ein Gutachten des englischen Queens Council bestätige "unmissverständlich" die Gültigkeit der MEL-HVs. Es sei "absurd und juristisch gesehen unhaltbar, wenn nun versucht wird, gültige Jersey-Hauptversammlungen mittels eines Schweizer Gutachtens bei einem österreichischen Gericht anzufechten".
Grünes Licht für Aktienrückkauf
Atrium Real Estate teilte unterdessen mit, dass in der heutigen HV alle vorgeschlagenen Beschlüsse angenommen wurden. Die Aktionäre gaben grünes Licht für ein Aktienrückkaufprogramm von 50 Mio. Aktien (rund 13 Prozent des Grundkapitals) sowie eine anschließende Kapitalerhöhung im Ausmaß von 10 Prozent des Grundkapitals (37,2 Mio. Aktien). Mit dem Geld will das Management das laufende Aktienoptionsprogramm für Manager um 2 Mio. auf bis zu 4,5 Mio. Aktien erhöhen, wie es im Aktionärsschreiben vom 26. April heißt. Mit den restlichen 35,2 Mio. Aktien will sich Atrium die Möglichkeit offen lassen, Führungskräfte ausschließlich in Aktien zu bezahlen. (APA)