"Youkring Ottatube"

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Welches Gesamtbild entsteht, wenn eine Gruppe von KünstlerInnen die Köpfe zusammensteckt, um dem 16. Wiener Gemeindebezirk Ottakring ein Gesicht zu geben? Als Quelle der Inspiration und wahre Fundgrube stellte sich YouTube heraus, das zum Begriff "Ottakring" knapp 200 Beiträge mit Potenzial ausspuckte. Die Filmemacher des Vereins zur Förderung von Kunst und Leben im Urbanen Raum "Mega 5" haben rund 70 Filme aneinandergereiht und an einem Filmabend präsentiert. Das Ergebnis ist ein buntes Porträt des Brunnenviertels à la "Bezirk 2.0".

Abbild der Gesellschaft?

Welchen Stellenwert nimmt Kunst auf der YouTube-Beliebtheitsskala ein? Wie viele Aufrufe verbuchen Fußball-Beiträge und wie gerne sehen wir uns Rassismen an? Die Antworten darauf ergeben sich durch die angezeigten Klick-Zahlen. Die Web 2.0-Plattform ist zum heute wichtigsten Werkzeug für so manchen Egotrip und einer skurrilen Ausprägungsform der virtuellen Gesellschaft avanciert. Bekommt also der User auf dem Multimedia-Portal ein Abbild der Gesellschaft präsentiert? Diese Fragen wurden zum Ausgangspunkt des Experiments "Youkring Ottatube" gestellt.

Zwischen Gekicher und Fremdscham

In einem bis auf den letzten Platz besetzten Souterrain-Lokal lieferte das Programm ein Potpourri aus YouTube-Videos, die gemäß steigender Anzahl ihrer Aufrufe auf die Leinwand projiziert wurden. Ob tanzende Teenager in einem Innenhof, Rap-Videos angehender lokaler Berühmtheiten, diverse Brunnenmarkt-Reportagen, Parodien auf die Werbung des Biers Ottakringer oder Mitschnitte der Menschenmassen auf der Ottakringerstraße nach dem Sieg der Türkei gegen Kroatien bei der Fußball Europameisterschaft 2008: Die Reaktionen auf die gezeigten Inhalte waren ähnlich unterschiedlich wie die Filmbeiträge selbst. Es wurde gekichert, fremdgeschämt und ausgelassen gelacht. Für weniger amüsierte Gesichter und eine scharfe Publikumsdebatte sorgte schließlich ein diskriminierender Beitrag mit dramatisch dargestellten Schwarz-auf-Weiß-Zahlen zur "Ausländer-Bedrohung in Wien".

Verschiedene Perspektiven

Für Elke Groen, Filmemacherin und Mitinitiatorin des Projekts "Youkring Ottatube", ist mit den vielen Geschichten ein durchaus repräsentativer Querschnitt entstanden. "Ich finde es schön, dass das Konzept aufging und die verschiedenen Perspektiven von MigrantInnen und auch Alt-Österreichern zu sehen sind", zieht die Wahl-Wienerin ein positives Resümee.

OTK-Rap

Mit bisher 297.103 Aufrufen ist das Rap-Video "Selam" von Sua Kaan der meistgesehene Beitrag der 70 Ottakringer YouTube-Beiträge. Mevlut Khan,  österreichischer Rapper türkischer Abstammung, beschreibt darin sein multikulturelles Umfeld und die vielen Gesichter "seines" OTK (Ottakring). (Eva Zelechowski/daStandard.at/18.5.2010)