Es ist selten, dass sich Rechtspopulisten und ruhig überlegende Menschen einmal einig sind: Der Ganzkörperschleier ist in einem Land, das die Menschen- und Frauenwürde ernst nimmt, "nicht willkommen", wie Nicolas Sarkozy sagt. In Dänemark, den Niederlanden und Österreich steht ein Burkaverbot zur Diskussion, in Belgien ist es schon beschlossen. Als erstes großes EU-Land lanciert jetzt Frankreich ein entsprechendes Gesetz.

Quizfrage: Was haben diese Länder gemeinsam? Nicht viel, außer der starken Präsenz der Rechtsextremen. Das mag den Gesetzgebungsaktivismus erklären. Dabei ist ein Verbot gar nicht nötig. Das generelle Vermummungsverbot bietet genug Handhabe: Wir leben nun einmal in einer Gesellschaft, in der man sein Gesicht zeigt. Das gilt für Katholiken wie Muslime, Demonstranten wie Bankräuber.

Sarkozy würde mit seinem Burkaverbot höchstens dann überzeugen, wenn er sich für die Nöte der Einwandererfrauen ebenso hart einsetzen würde. Er müsste ihre sprachliche Integration durchsetzen, der Gewalt, der lippenstiftauflegende Banlieue-Girls ausgesetzt sind, einen Riegel vorschieben; auch müsste er gegen Zwangsehen, Genitalverstümmelung und Polygamie scharf vorgehen.

Darunter leiden nicht ein paar hundert Burka-Trägerinnen, sondern Zehntausende integrationswilliger Französinnen. Entsprechende Gesetze bestehen schon. Wann werden sie angewendet? (Stefan Brändle/DER STANDARD, Printausgabe, 20.5.2010)