Berlin - Selbst Berlin-Unkundigen fällt auf, dass die Kürfürstenstraße im Berliner Stadtteil Tiergarten ein bisschen ungewöhnlich ist. Schon am Vormittag präsentieren leicht bekleidete Damen ihre Reize, sprechen Männer an und greifen auch schon mal dem Papa, der schnell den Nachwuchs in den Kindergarten bringen will, in den Schritt. Hinterhöfe sind mit gebrauchten Kondomen übersät, zwei Schulen wechselten wegen der Zustände auf Berlins "Elendsstrich" bereits den Standort.

Vor allem junge, oft minderjährige und drogensüchtige Frauen aus Osteuropa prostituieren sich in der Kurfürstenstraße, wo vor dreißig Jahren auch Christine F. ihren Körper anbot. Rechtlich ist dagegen nichts einwenden. Berlin ist eine der wenigen deutschen Großstädte, in denen es keinen Sperrbezirk gibt. Berlins Innensenator Erhart Körting (SPD) erklärt, "dass es Prostitution gibt, weil es eine Nachfrage danach gibt und nicht, weil es Prostituierte gibt".

Doch nun machen nicht nur Anwohner mobil, sondern auch ein Parteikollege Körtings. SPD-Bezirksbürgermeister Ekkehard Band will, dass rund um die Kurfürstenstraße ein Sperrbezirk errichtet wird und kämpft dafür gemeinsam mit der CDU. Offen bleibt, wohin die Huren sollen.

Einen anderen Weg ging Köln. Man wollte Prostituierte aus Wohnvierteln wegbekommen, sie aber durch Verbot nicht in die Illegalität drängen. Also werden Prostituierten auf einem eigenen Gelände "Verrichtungsboxen" zur Verfügung gestellt. Dort gibt es auch Duschen und Betreuung durch Sozialarbeiter. (bau/DER STANDARD-Printausgabe, 20.5.2010)