Bild nicht mehr verfügbar.

Floyd Landis gibt dem psychischen Druck nach und packt aus.

Foto: AP/ Reed Saxon

Hamburg - Floyd Landis hat mit seinem Doping-Geständnis den krisengeschüttelten Radsport in eine neue Glaubwürdigkeitskrise gestürzt und dabei auch Superstar Lance Armstrong schwer belastet. Landis gab im amerikanischen Internetportal "ESPN.com" zu, über die längste Zeit seiner Karriere verbotene Mittel genommen zu haben - auch bei seinem Tour de France-Sieg 2006, der ihm aufgrund eines positiven Testosteron-Tests aberkannt wurde.

EPO, Testosteron, Wachstumshormone und Blut-Transfusionen

"Ich will ein reines Gewissen", sagte Landis, der seine Enthüllungen in den vergangenen Wochen dem US-Radsportverband und dem Weltverband (UCI) mitgeteilt hat. Im Laufe seiner Karriere habe er unter anderem auf EPO, Testosteron, Wachstumshormone und Blut-Transfusionen zurückgegriffen.

Landis gestand laut der Tageszeitung "Wall Street Journal" jedoch nicht nur seine Vergehen, sondern brachte mit detaillierten Schilderungen über die geheime Lagerung von Blut-Konserven in seinem Ex-Team US Postal seine früheren Mannschaftskollegen Armstrong und George Hincapie sowie Teamchef Johan Bruyneel in große Bedrängnis. Zudem bezichtigte er Levi Leipheimer und Dave Zabriskie des EPO-Dopings. Hincapie wies die Anschuldigungen bereits zurück. Der siebenfache Tour-de-France-Gewinner Armstrong, der Doping stets bestritten hat, wollte sich mit Bruyneel vor der fünften Etappe der Kalifornien-Rundfahrt äußern.

Landis hat nach eigenen Angaben erstmals 2002 bei US Postal gedopt. "Wenn ich jetzt nicht etwas sage, dann ist es sinnlos, überhaupt jemals etwas zu sagen", sagte Landis mit Blick auf die Regeln der Welt-Anti-Doping-Agentur, nach denen der Missbrauch verbotener Substanzen nach acht Jahren verjährt. Bruyneel soll Landis damals unter anderem Blut-Doping und den Gebrauch von Wachstumshormon erklärt haben. Mit Armstrong habe er über die Notwendigkeit von Blut-Transfusionen gesprochen, wurde Landis im "Wall Street Journal" zitiert.

Blut im Kühlschrank

2003 sei Landis im Trainingslager von US Postal in Spanien zweimal ein halber Liter Blut entnommen worden. Dieses Blut sollte ihm während der Frankreich-Rundfahrt wieder zugeführt werden. Dem Zeitungsbericht zufolge soll die Blutentnahme in Armstrongs Wohnung stattgefunden haben. Dort seien auch Blut-Behälter von Armstrong und Hincapie in einem versteckten Kühlschrank aufbewahrt worden. Landis habe täglich die Temperatur des entnommenen Blutes kontrollieren müssen.

Bei seinem Wechsel von US Postal zu Phonak im Jahr 2006 habe er mit seinem neuen Schweizer Teammanager Andy Rihs ausgehandelt, dass Phonak die Kosten für das Blut-Doping übernehme. Rihs wies diese Behauptung "entschieden" zurück. "Weder ich noch die Führung des Teams wussten, dass Floyd Landis dopte", sagte der Ex-Teamchef in einer Mitteilung.

Am 20. September 2007 war Landis der Tour-Sieg 2006 durch die UCI aberkannt und er rückwirkend für zwei Jahre bis zum 20. Jänner 2009 gesperrt worden. Über Jahre hinweg hatte der 34-Jährige Millionen Dollar investiert, um vor Gericht seine vermeintliche Unschuld zu beweisen. Mit seiner Klage gegen die zweijährige Sperre war er aber vor dem Internationalen Sportgerichtshof (CAS) in Lausanne gescheitert. Im Februar 2009 hatte er sein Comeback gegeben, ein Jahr später wurde bekannt, dass Frankreich einen nationalen Haftbefehl gegen Landis erlassen hatte. Nach Ansicht der Behörden soll sich der Radprofi in das Computersystem des französischen Anti­Dopinglabors gehackt haben. Dabei wurden Daten geändert oder gelöscht.

Geständnis

Landis offenbarte, reinen Tisch machen zu wollen, weil ihn die Jahre der Täuschung psychisch belastet hätten. Als Geächteter im Radsport habe er zudem kaum noch eine Chance, jemals wieder für ein hochkarätiges Team zu fahren. Der schwerste Schritt sei in diesen Tagen allerdings das Telefonat gewesen, in dem er seiner Mutter die ganze Wahrheit berichtet habe.

Mit großem Unverständnis hat die UCI auf das Doping-Geständnis von Landis reagiert. "Was will er denn damit erreichen? Seine Glaubwürdigkeit ist gleich Null. Er will Rache üben, das ist doch offensichtlich", sagte UCI-Präsident Patrick McQuaid am Donnerstag der Nachrichtenagentur dpa und befürchtet einen neuen Imageverlust für seinen Verband. "Das ist sehr traurig für den Radsport." (APA)