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Hier auf dem Hauptplatz von Pulkau in Niederösterreich wurde Julia K. das letzte Mal gesehen. Seit fast vier Jahren ist sie buchstäblich spurlos verschwunden.

Foto: APA/HELMUT FOHRINGER

Pulkau/Wien - Ernst Geiger und Kurt Linzer vom Bundeskriminalamt (BK)wünschen sich, dass Julia K. irgendwo lebt und morgen, Samstag, ihren 20. Geburtstag feiert. Unwahrscheinlich ist das nicht, auch wenn es von der jungen Frau seit fast vier Jahren kein Lebenszeichen gibt. Denn es gibt auch keinen einzigen Hinweis darauf, dass Julia, nachdem sie am 27. Juni 2006 das letzte Mal in ihrer Heimatgemeinde Pulkau in Niederösterreich gesehen wurde, einem Unfall oder Verbrechen zum Opfer gefallen ist.

Die jüngsten Verhaftungen von drei früheren Bekannten der Vermissten haben nichts gebracht. Sie sind mittlerweile wieder auf freiem Fuß. Und der Polizeieinsatz, bei dem die Cobra wie die Kavallerie zu Hausdurchsuchungen eingeritten war, hat im Nachhinein eine ziemlich schiefe Optik. "Es war eine Hypothese, die sich als nicht richtig erwiesen hat" , geben Linzer und Geiger zu. Die Hypothese hatte mit Drogenmissbrauch zu tun und damit, dass dabei möglicherweise etwas schief gegangen sein könnte. "Es gibt nichts, was dies erhärtet hat. Es gibt auch nichts, was darauf hindeutet, dass Julia eine süchtige Jugendliche war" , sagt Geiger nun klipp und klar.

16.000 Rufdaten

Wie berichtet, haben vier BK-Ermittler des sogenannten Cold-Case-Teams den Fall der vermissten Julia K. im Februar übernommen. Bisher haben sie 59 Zeugen angehört und sind dafür 10.000 Kilometer gefahren. Wichtigste Basis sind 16.000 anonyme Rufdaten aus dem Raum Pulkau vom Tag des Verschwindens, die ausgewertet und in Beziehung gesetzt werden müssen.

Julias Handy loggte sich das letzte Mal um 14 Uhr 28 am Tag des Verschwindens im Mobilfunknetz in Horn ein. Es war eine SMS von einer Freundin. Ob Julia damals im etwa eine halbe Stunde entfernten Horn war oder nur ihr Handy, weiß niemand. Es gab keine Antwort auf die SMS, das Handy wurde nie mehr benutzt.

Julia selbst wurde rund eine Stunde zuvor auf dem Pulkauer Hauptplatz gesehen. Ein Zeuge, der gerade am Bankomat Geld abheben wollte, nahm die Jugendliche gemeinsam mit drei Personen wahr. Dahinter fiel dem Zeugen ein gegen die Parkordnung abgestelltes Auto älteren Baujahrs auf. "Die unbekannten Personen können mit dem Verschwinden zu tun haben, müssen es aber nicht. Faktum ist, dass sie sich nie gemeldet haben" , so Linzer.

Suizid schließen die Ermittler aus, "In diesem Fall hätten wir eine Leiche gefunden" , ist Geiger überzeugt. Was gegen ein freiwilliges Untertauchen spricht, ist, dass Julias Pass und Bankomatkarte daheim liegen. Sie hatte außerdem vier schwere Langenscheidt-Wörterbücher (Englisch und Französisch) im Rucksack.

"Julia kann strafrechtlich nichts vorgeworfen werden" , erklärt Geiger in der Hoffnung, dass sich die junge Frau aus welchen Gründen auch immer nicht traut, sich zu melden. (Michael Simoner, DER STANDARD - Printausgabe, 21. Mai 2010)