Anfang Mai präsentierte Jérôme Kerviel sein Buch. "Das Räderwerk - Erinnerungen eines Traders", lautet der Titel auf Deutsch.

Der Fall sorgte im Jänner 2008 weltweit für gehöriges Aufsehen: Damals wurde bekannt, dass ein Börsenhändler der französischen Großbank Société Générale den Betrag von 4,9 Milliarden Euro verzockt haben soll. Jérôme Kerviel wäre damit für einen der größten Spekulationsverluste aller Zeiten verantwortlich.

Diskussion erhofft

In zwei Wochen beginnt in Paris der Prozess gegen den mutmaßlichen Milliarden-Jongleur. Der frühere Händler - er wurde damals für fünf Wochen in U-Haft genommen, nach seiner Haftentlassung nahm er einen neuen Job bei einer Informatikfirma an - erhofft sich von dem Verfahren nach eigenen Worten eine öffentliche Diskussion über die Moral der Finanzmärkte.

Angesichts der griechischen Finanzkrise hätten jüngst sämtliche Staatschefs versichert, "wir lassen die Spekulanten nicht weitermachen", sagte Kerviel. Doch genau dies hätten sie schon vor zwei Jahren über die Börsenhändler gesagt - und "nichts wurde getan".

Kerviel muss sich vor dem Pariser Strafgericht wegen Vertrauensbruchs, Fälschung und unbefugter Nutzung von Computersystemen verantworten. Ihm drohen fünf Jahre Gefängnis und eine Geldstrafe in Höhe von 375.000 Euro. Sein Anwalt will auf Freispruch plädieren. Es werde nicht einfach werden, sagte Kerviel - es stehe "kolossal viel" auf dem Spiel.

"Wir waren darauf trainiert"

Im Gespräch mit der Nachrichtenagentur AFP in Paris äußerte Kerviel am Freitag sein Unbehagen über die früheren Spekulationsgeschäfte. Er habe "keine Skrupel" gehabt, etwa kleine Firmen durch Spekulationen "runterzuziehen", sagte der 33-Jährige. Und er habe nicht anders gehandelt als die übrigen Börsenhändler. "Wir haben das alle gemacht, wir waren darauf trainiert, wir wurden dafür bezahlt", so Kerviel.

Seine Chefs hätten von den hochriskanten Spekulationen gewusst, beteuerte er erneut. Dies werde der Prozess ans Tageslicht bringen, der am 8. Juni beginnt.

"Verrückt gewordenes Finanzsystem"

Rechtzeitig zum Prozess hat Kerviel noch ein Enthüllungsbuch herausgebracht ("L'engrenage - Mémoires d'un trader", auf deutsch: "Das Räderwerk - Erinnerungen eines Traders"). Auf rund 270 Seiten berichtet der Franzose darin detailliert über seine verhängnisvolle Zeit bei der Pariser Großbank. Er sei ein Mann, der zu seinen Fehlern stehe, der es aber ablehne, für ein verrückt gewordenes Finanzsystem zu büßen, schreibt er im Vorwort. Er hoffe, mit dem Buch einen Beitrag zur öffentlichen Diskussion über das Handeln von Banken leisten zu können.

Das Buch sei auch "eine Art Therapie" gewesen, sagte Kerviel. Er arbeite nun für eine Computerfirma, verdiene dort 2.300 Euro im Monat und wolle "nie mehr in einen Handelsraum zurück".

Kerviel hatte bei der Société Générale auf die Entwicklung von Aktienindizes wie den deutschen DAX spekuliert und nach Ansicht der Ankläger den für seine Position zulässigen Rahmen weit überschritten. Nach Milliardengewinnen im Jahr 2007 hatte er kein glückliches Händchen mehr und verlor. Mit immer höheren Einsätzen versuchte er, die Verluste wettzumachen. Als die Affäre aufflog, schloss die Bank alle offenen Positionen Kerviels und verbuchte insgesamt einen Verlust von 4,9 Milliarden Euro. (red)