Die US-Börsen verbuchten die größten Verluste seit Monaten. Sorgen über die Euro-Zone, der deutsche Alleingang bei Finanztransaktionssteuer und Short-Selling-Verbot, sowie schwache Arbeitsmarktdaten ließen die US-Aktien kollabieren. Anleger schichteten massiv in den vermeintlich sicheren Hafen der Staatsanleihen um, der Bund-Future kletterte auf ein Rekordhoch von 128,58 Punkten. Der Dow Jones verliert 6,63% auf 10.068 Punkte, der breitere S&P500 knickt 7,37% ein und handelt nun bei 1.072 Punkten. Der Nasdaq Composite bricht knapp 8% ein und notiert nun bei 2.204 Zählern. Der Euro fiel zwischenzeitlich auf den tiefsten Stand seit 4 Jahren. Auch die Rohstoffmärkte tendierten deutlich schwächer, der WTI Preis sank 7,3% auf USD 68 je Barrel.

Die Arbeitsmarktdaten enttäuschten. Die Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe stiegen auf 471.000 und damit 25.000 mehr als in der Vorwoche. Die Frühindikatoren sind im April um 0,1% gesunken. Die Industrieproduktion stieg um 0,8% und damit stärker als erwartet. Die Einzelhandelsdaten zeigten einen Anstieg der Umsatzerlöse um 0,4%. Im März waren sie noch um 2,1% gestiegen. Der Lageraufbau setzte sich fort, die Kapazitätsauslastung der USIndustrie lag indes bei 73,7%. Die Verbraucherpreise sanken im April um 0,1%. Der FOMC Offenmarktausschuss hat die Erwartungen für die Konjunktur leicht angehoben. Man geht nun von einem BIP-Wachstum von 3,2%-3,7% aus. Inflationsdruck wird weiterhin keiner erwartet. Der Empire Manufacturing Index - der die Aktivitäten im Verarbeitenden Gewerbe des Distrikts New York abbildet - fiel auf 19 Punkte. Der Konsens war von 30 ausgegangen.

Die Finanzmarktreform wurde im Senat abgesegnet, die Entscheidung fiel 59 zu 39 Stimmen. Der größte staatliche Eingriff seit den 30er Jahren sieht eine stärkere Aufsichtsfunktion der Federal Reserve vor. Bis zum Independence Day am 4. Juli soll die endgültige Fassung des Gesetzes zur Unterschrift vorliegen. Dass die Politik mit einer Regulierungswut auf die aktuelle Krise reagiert, ist symptomatisch. Einmal mehr werden in erster Linie Symptome bekämpft, anstatt nach den wahren Ursachen zu suchen und wirkliche Reformen zu setzen.

Hewlett Packard meldete gutes Zahlenwerk, der Gewinn je Aktie stieg 29% und damit deutlicher als erwartet. Der Umsatz kletterte um 13% auf USD 30,8 Mrd. Für das Gesamtjahr rechnet HP nun mit einem Gewinn von USD 4,45-4,5. Die Umsatzerwartungen für Palm wurden noch nicht in die Prognosen inkludiert. HP hatte Palm für USD 1,2 Mrd. gekauft, man wolle massiv in den angeschlagenen Smartphone-Hersteller investierte. CFO Lesjak gab bekannt, weitere Akqusitionen zu planen. Sears meldete einen Gewinnrückgang. Das bereinigte Ergebnis konnte die Konsenserwartung übertreffen, der Markt reagierte dennoch enttäuscht. Dell konnte den Gewinn um 52% auf USD 440 Mio. steigern. Der Umsatz stieg 21% auf USD 15 Mrd. im Server-Geschäft konnte man 61% mehr absetzen, insb. in Indien und Brasilien stiegen die Erlöse überdurchschnittlich.

Pfizer will Personalstand um 18% verringern

Wal-Mart meldete ein Umsatzplus von 5,9% auf USD 99,1 Mrd. Das EPS stieg von 77 auf 88 Cents. Auch Home Depot konnte die Erwartungen übertreffen. Der Gewinn stieg 41%, der Ausblick für das Gesamtjahr wurde angehoben. Auch Konkurrent Lowe's überraschte mit einem Quartalsergebnis von 59 Cents (Konsens: 62 Cents) leicht negativ, der verhaltene Ausblick enttäuschte ebenfalls. Pfizer sucht nach der Wyeth-Akquisition nach „Synergieeffekten", der Personalstand soll um 18% reduziert werden. Die Man Group gab bekannt, den Konkurrenten GLG Partners für USD 1,6 Mrd. zu
übernehmen. GLG Aktionäre erhalten knapp USD 4,50 in bar, die Aktie haussierte 40%. Die japanische Astellas Pharma übernimmt den Biotech-Konzern OSI Pharma für USD 4 Mrd. Aktionäre zeigten sich enttäuscht, man hatte ein höheres Angebot als USD 57,5 je Aktie erwartet.

Die Nervosität an der Wall Street nimmt rapide zu. Der VIX stieg auf 45, so hoch war die Vola zuletzt im März 2009. Die Indizes schlossen unter ihren 200-Tage-Linien, ein klar bearishes Signal. Der 99% Down Day (d.h. 99% aller Aktien im S&P schlossen schwächer) unterstreicht die Panik-Levels. Auch wenn wir kurzfristig aufgrund der überverkauften Situation einen Bounce erwarten, so hat sich die technische Verfassung der US-Indizes dramatisch verschlechtert. Marktbreite, Volumina, Oszillatoren zeigen Konvergenz, zudem hat sich paradoxerweise das bullishe Sentiment vergrößert. Insofern gehen wir von weiterhin schwächeren Kursen aus, ins sprichwörtlich fallende Messer zu greifen ist definitiv nicht empfehlenswert.