Graz - Ohne Urteil hat am Freitag der Prozess gegen einen Grazer Lehrer geendet, der sich vor einem Geschworenengericht verantworten musste: Er wird beschuldigt, 2003 einen Pensionisten getötet zu haben. Ursprünglich wurde ein Türke für die Tat zu 20 Jahren Haft verurteilt. Im vergangenen Jahr nahm er sein Geständnis zurück und beschuldigte den Pädagogen. Er konnte jedoch nicht mehr als Kronzeuge im Prozess eingesetzt werden, da er Selbstmord beging. Der Prozess muss nun wiederholt werden.

Die Geschworenen waren offenbar den Argumenten der Staatsanwältin gefolgt, obwohl es laut Verteidiger kein "handfestes Argument" für die Schuld des Lehrers gab. Der Richtersenat war offenbar auch dieser Meinung, denn er nahm die Entscheidung (5:3 Stimmen für schuldig) der Laienrichter nicht an.

Staatsanwältin: "Religiöser Fanatiker"

Der angeklagte Lehrer soll laut Staatsanwältin Barbara Schwarz ein "religiöser Fanatiker" der Zeugen Jehovas sein, der den Pensionisten getötet habe, weil sich dieser abfällig über seinen Glauben geäußert hat. Im ersten Verfahren wurde der Fall - von derselben Anklägerin - so dargestellt, dass das Opfer den jungen Türken sexuell belästigt habe und dieser daraufhin ausgerastet sei.

Der Lehrer beteuerte seine Unschuld. Auf die Frage, warum er sich gegen die Anschuldigungen nicht sofort vehement zur Wehr gesetzt hatte, antwortete der Pädagoge: "Weil ich sie für Auswüchse einer kranken Fantasie gehalten habe." Er habe gedacht, sein Bekannter sei "nicht ganz normal" als er ihn derart beschuldigte.

Verteidiger: "Mildtätigkeit"

Bei den Schlussplädoyers meinte die Staatsanwältin, es gebe "eine Fülle von Indizien." Sie erkenne in den Geldüberweisungen an den Türken so etwas wie ein Schuldeingeständnis. Verteidiger Gerald Ruhri meinte dagegen, es sei "kein einziges handfestes Argument" vorhanden. Er schilderte, dass ausschließlich "Mildtätigkeit" seinen Mandanten in Schwierigkeiten gebracht habe. Zur Überlegung der Staatsanwältin, welches Motiv der Türke gehabt haben könnte, seinen guten Freund so massiv zu belasten, meinte der Verteidiger: "Bei 20 Jahre Karlau ist es nicht die Frage, ob ich ein Motiv habe, eine Geschichte zu erfinden."

Die Geschworenen befanden den Angeklagten nach nur einer Stunde Beratung für schuldig. Da das Urteil ausgesetzt wurde, muss mit neuen Richtersenat und neuen Geschworenen nochmals verhandelt werden. (APA)