So schlecht, wie unsere Volksvertreter landauf, landab behaupten, dürfte es Österreich doch nicht gehen. Auch der Spardruck kann nicht so groß sein, wie ihn Finanzminister Josef Pröll und die Bundesregierung darstellen. Denn während bei Kindergärten, Ausbildung und Sozialprojekten der Sparstift angesetzt wird, wird das Geld für Jahrhundertprojekte wie Koralm- oder Brennerbasistunnel wie aus Baggerschaufeln ausgeschüttet, besser gesagt mit Tunnelbohrmaschinen sehr effizient vergraben.

Ein Jahrhundertprojekt ist der Ausbau der Koralmbahn samt 33 Kilometer langem Tunnel unter der Koralpe mit Kosten von mindestens 5,2 Milliarden Euro in der Tat. Für dieses Geld könnte jede einzelne der rund 560 Personen, die täglich mit dem ÖBB-Bus von Graz nach Klagenfurt (und nur manche auch retour) gekarrt werden, 58 Jahre lang jeden Tag mit dem Taxi auf der wunderschön ausgebauten Autobahn über die Pack und wieder retour düsen.

Bei einem Taxitarif von 220 Euro pro Strecke lassen sich mit 5,2 Milliarden Euro Baukosten rein rechnerisch 23,6 Millionen Fahrten von der Uhrturm- in die Lindwurmstadt finanzieren. Zugegeben, die Teuerung ist in dieser Rechnung nicht berücksichtigt, aber sie wird von den legendären Kostensteigerungen bei staatlich finanzierten Großprojekten mehr als kompensiert. Da niemand weiß, was in den Tiefen unter der Koralpe an Gestein und Wasser schlummert, sind die Chancen, dass der ganze Koralmbahnausbau bis 2020 mit schlanken sechs Milliarden Euro zu Buche schlagen wird, noch intakt.

Das Skandalöse an Milliardenprojekten wie diesen: Sie sind eisenbahntechnischer Luxus, der auf Pump gebaut wird und auf völlig überzogenen Verkehrsprognosen beruht. Daher hält der arbeitsplatzstiftende und konjunkturankurbelnde Bau der wie ein Mantra beschworenen "Werte für künftige Generationen" auch verkehrswirtschaftlichen Berechnungen nicht stand, von betriebswirtschaftlichen ganz zu schweigen. Bei der Koralmbahn kommt hinzu, dass sie ohne Semmeringtunnel so nützlich ist wie der sprichwörtliche steirische Kropf, weil sie abseits der Schwerindustrie und somit marktrelevanter Güterverkehrsströme verläuft. Wundern, dass die billigere, fast tunnelfreie Alternative von Wien über Ungarn nach Graz, nicht einmal ignoriert wird, darf man sich in einem Land wie Österreich nicht. Hier patrouillieren ja auch Soldaten an längst nicht mehr vorhandenen Grenzen. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 22./23./24.5.2010)