Für US-Präsident Barack Obama ist die Verabschiedung der Finanzmarktreform im Senat ein politischer _Triumph. Erstmals ist es ihm gelungen, für ein großes Gesetzesvorhaben auch einige republikanische Stimmen zu gewinnen. Noch müssen Senat und Repräsentantenhaus ihre unterschiedlichen Entwürfe miteinander abstimmen, aber eine Einigung steht letztlich außer Zweifel. Denn anders als bei der ungeliebten Gesundheitsreform hat Obama bei den strengeren Auflagen für die Wall Street die öffentliche Meinung auf seiner Seite. Vor allem das starke Augenmerk auf den Konsumentenschutz kommt bei den kleinen Leuten gut an.

Rückblickend hat sich auch die Anklage gegen Goldman Sachs, deren Erfolgschancen viele Juristen bezweifeln, ausgezahlt. Seit die Börsenaufsicht SEC dem Investment-Riesen Betrug vorgeworfen hat und seine Topmanager in peinlichen Anhörungen vorgeführt wurden, bröckelt die Ablehnungsfront der Republikaner. Die größte Reform der Finanzaufsicht seit 70 Jahren sollte den Demokraten politisch auch in der Wahlschlacht im November helfen.

Aber was wird das neue Gesetz inhaltlich bringen? Die meisten Bestimmungen zielen darauf ab, eine Wiederholung des Finanzcrash zu verhindern. Das kann sich bereits in der nächsten Krise, die wohl andere Ursachen und Wirkungen haben wird, als nutzlos erweisen. Die goldenen Regel, die das Finanzsystem vor jedem Unbill schützen, wurden noch nicht erfunden.
Das wichtigste Ergebnis der Reform wird die Schaffung neuer Institutionen sein, die bei Krisensymptomen rasch eingreifen können und auch bei unerwarteten Entwicklungen genügend Spielraum haben. Das ist grundsätzlich gut, schafft aber neue Risiken. Denn das Versagen der amerikanischen - und auch europäischen - Aufsichtsbehörden vor der Finanzkrise lag nicht an mangelnden Regeln, sondern an fahrlässiger Exekution und fehlender Koordination.

Ob sich dies nun ändern wird, ist höchst ungewiss. Eine SEC, die ihre Daten immer noch per Fax erhält, hat beim sekundenschnellen Computerhandel automatisch das Nachsehen. Wenn zur Vielzahl an US-Aufsichtsbehörden jetzt neue dazukommen, dann droht das regulative Chaos, das Finanzhaie stets auszunützen wissen, weiterzuwachsen. Und eine Abstimmung mit Europa bei der Erstellung neuer Finanzregeln ist gar nicht in Sicht. Wie soll das auch gelingen, wenn die EU selbst nicht an einem Strang zieht? (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 22./23./24.5.2010)