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Jose Mourinho fühlt einen Gleichklang mit Real Madrid, wollte seinen Wechsel zum europäischen Rekord-Champion aber noch nicht bestätigen.

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Madrid - Jose Mourinho nahm seinen Junior auf die Schultern, tanzte mit ihm über den Rasen und weinte - vermutlich - Tränen des Abschieds. Doch auch nach dem größten Abend seiner Karriere ließ der Trainer von Inter Mailand die Katze nicht aus dem Sack. Der Portugiese redete nach dem souveränen 2:0 (1:0) im Champions-League-Finale gegen Bayern München in allen möglichen Varianten um den heißen Brei seines anstehenden Wechsels zu Real Madrid. Ein Ja-Wort blieb an der künftigen Arbeitsstätte Estadio Bernabeu noch aus.

"Trauer und Freude mischen sich. Was zwischen mir und Inter besteht, ist für die Ewigkeit, aber ich liebe die ganz schwierigen Herausforderungen. Real Madrid ist solch eine", sagte Mourinho. Er soll bei den Königlichen einen Vertrag über drei Jahre mit 13 Millionen Euro Jahresgehalt erhalten.

Während Matchwinner Diego Milito und die anderen Spieler das historische Triple und den ersten Sieg Inters im wichtigsten europäischen Vereinswettbewerb seit 45 Jahren feierten, ließ sich Mourinho zwei Stunden Zeit, ehe er zur Pressekonferenz erschien. Dort sprach er zwar im Konjunktiv machte sich aber dann öffentlich Gedanken, wie Real reif für den Titel werden kann.

"Real ist ein Riesenklub. Sie wollen dasselbe wie ich. Aber Geld und ein Trikot reichen nicht, denn die Mentalität gewinnt Titel", dozierte der 47-Jährige: "Ich kenne das Projekt noch nicht. Ich muss erstmal wissen, worum es geht. Darum sage ich nicht, dass ich schon Trainer von Real bin. Madrid und Inter sind zwei ganz wunderbare Optionen."

Van Gaal ausgetrickst

Auch das innige Herzen mit Klubboss Massimo Moratti sah definitiv nach Abschied aus. "Eine unendliche Umarmung, die mehr sagt als 1000 Worte", berichtete Mourinho: "Es war eine unglaubliche Verbindung zwischen uns. Ich habe seinen Traum erfüllt. Ich brauche nun etwas Zeit, um zu sehen, ob ich Real das geben kann, was von mir erwartet wird." Öl-Tycoon Moratti hatte seit 1995 rund 850 Millionen Euro in neue Spieler investiert, um diesen Moment erleben zu dürfen. Doch erst Mourinho formte aus traditionell exklusiven Einzelkönnern Europas bestes Team. Moratti hat die Hoffnung auf einen Verbleib Mourinhos noch nicht ganz aufgegeben:"'Er hat geweint. Ich hoffe, nicht aus Schuldgefühl."

Die Tränen waren längst getrocknet, als Mourinho mit dem Finalball unter dem Arm und einer Portugal-Fahne um den Hals in den Katakomben verschwand. Dann freute er sich diebisch darüber, wie er seinen früheren Lehrmeister Louis van Gaal ("Es war keine Überraschung, wie das Spiel gelaufen ist. Überraschend ist, dass wir verloren haben. Wir wussten, dass es mit unserem Spielstil schwierig wird, weil Inter gut verteidigt") ausgetrickst hatte. Mit 33 Prozent Ballbesitz gewann er zum zweiten Mal nach 2004 (mit dem FC Porto) die Champions League.

"Das war eine Provokation, fußballtechnisch gesehen. Die Diskussionen um meine angebliche Defensivtaktik haben mich dazu gebracht, sie auf dem falschen Fuß zu erwischen. Das war geplant", sagte Mourinho. Eine bessere Bewerbung für den begehrtesten Posten im weltweiten Vereinsfußball hätte er nicht abgeben können. Kapitän Javier Zanetti, der sein 700. Spiel für Inter bestritt, versuchte es mit einem verzweifelten Appell: "Du bist großartig. Bitte verlass uns nicht!"

Milito könnte mitgehen

Doch Mourinho scheint nicht mehr zu halten - und den Mann des Abends nimmt er wahrscheinlich gleich mit. "Ob ich bleibe? Ich weiß es nicht. Ich habe sehr gute Angebote", sagte der argentinische Stürmer Diego Milito mit einem Lächeln.

Passend dazu will Real-Legende Raul erst nach einem Gespräch mit Mourinho über seine Zukunft entscheiden. Milito, in letzter Sekunde auf den WM-Zug aufgesprungen, spuckt bereits große Töne: "Jetzt will ich auch in Südafrika den Titel.  Ich reise nun nach Argentinien und spreche mit Diego Maradona, dass er mich aufstellen soll."

Vor einigen Monaten sah es noch so aus, als würde Milito maximal ein Bankwärmer in Südafrika sein. In der Angriffshierarchie der "Albiceleste" war er bloß die Nummer vier hinter Lionel Messi, Sergio Agüero und Carlos Tevez. 

Zukunft mit Fragezeichen

Inters Sieger-Team könnte also zumindest mittelfristig vor dem Zerfall stehen. Spanische Medien sehen auch den Brasilianer Maicon bereits beim "Weißen Ballett". Selbst Spielmacher Wesley Sneijder kann sich eine Rückkehr zu den "Königlichen" offenbar vorstellen. "Inter wird mich nicht gehen lassen. Es ist noch zu früh, zurückzukehren", sagte der Niederländer.

Dazu kommt das vergleichsweise hohe Alter der Mailänder Spieler, in der der 36-jährige Evergreen Zanetti zwar für beeindruckende Fitness, aber auch das nahende Ende profi-ballesterischer Herrlichkeit steht. Die Mittelfeldspieler Dejan Stankovic (31 Jahre) und Esteban Cambiasso (29), das Innenverteidiger-Duo Lucio (32) und Walter Samuel (32) sowie Tormann Julio Cesar (30) befinden sich bereits im Karriere-Herbst.

Im Lager der unterlegenen Bayern dagegen ist man von einer glorreichen Zukunft ziemlich überzeugt.  Präsident Uli Hoeneß war "natürlich enttäuscht und traurig", aber er sagte auch: "Unsere Mannschaft hat eine große Zukunft vor sich, weil sie so viele junge Spieler hat."

Als weiteres Aufbruchs-Signal kann zudem die Vertragsverlängerung mit Franck Ribery gewertet werden, der den Deutschen im Finale wegen einer Sperre so schmerzlich fehlte, aber weitere fünf Jahre an der Isar bleibt. (sid/red)