Auch diese Ente musste die Luft anhalten bei Martin Stein: Brust grüßt aus der Küche.

Foto: Fidler

Sorry, Gänseleber, mit Nuss und marinierten Himbeeren.

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Zackig: Diese Leber durfte atmen...

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... sonst hätte sie hier auch nicht brennen können.

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Das Steak aus demWaldviertel von gegenüber, sah von außen ein bisschen trocken aus, war's aber definitiv nicht.

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Die petits fours haben der Kollegin von der Lifestyle-Redaktion am besten gefallen - optisch. Dem wollen wir nicht im Wege stehen.

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Alles schon gehabt, ich weiß, ich weiß: Nussgartl, Martin Stein. Aber wo ein Corti war, muss ab und zu auch ein Fidler hin dürfen. Erst der Profi, dann der Universaldilettant, alles schön der Reihe nach. Zudem kann ich diesmal ohnehin nicht anders. Vor Freude. Aber der Reihe nach.

Ich gehe ungern selbst in die kleinsten Tschocherln ohne Reservierung, vor allem, wenn sie nicht gerade ums Eck liegen. Da kann's ganz schön nerven, wenn Zum Nussgart'l den ganzen Tag besetzt ist. Bei allem Corti'schen Lob nicht die beste Voraussetzung für einen Besuch in der Vorgartenstraße 80.

Erst Holz hacken, dann Schopf braten

Umso erfreuter ging ich: Ein kleines Beuschel für meine persönliche Oberliga, weniger säurebetont als beim Rosenbauch ein paar Tage zuvor, dennoch vorne mit dabei. Von der Leberknödelsuppe gegenüber hörte ich nur Gutes, ebenso von der gebackenen Leber, die ja nicht so mein Fall ist. Mein Schopfbraten sehr, sehr, sehr saftig - und praktisch nicht zu bewältigen, wenn man vorher nicht 48 Stunden durchgehend Holz gehackt, Zementsäcke getragen oder im Akkord Fressberichte getippt hat. Es ging sich also gerade nicht aus. Für zusammen 46,30 Euro sehr erfreulich, und den Garten muss ich auch noch einmal ohne Regen sehen.

Beisl, Standl, Beislstandl, meckert Herr Lennox an solchen Punkten gerne, wobei der Gastropro hat Schmeck's eh schon abgeschrieben, scheint's. Ohne Arbeitsteilung geht's ja auch beim Essen nicht. Drüben protestieren die Könner, hüben provozieren wir - ganz ohne böse Absicht - offenbar eher Veganer und Tierschützer. Dazu kommen wir gleich.

Beisl, Standl, Beislstandl, moserte Herr Lennox aber bei Cortis Befund über das Restaurant Martin Stein in Döbling. Da muss ich (also praktisch die Regionalliga, zugegeben) entschieden widersprechen.

Ein Hecht hat Schwein

Jetzt mag die Vakuumküche (sous vide) nicht der allerletzte Schrei sein, der gemeine Essdilettant war nachhaltig begeistert. Also das komplette Menü ohne Luft, bittschön: Dezente Würze, intensiver Fleischgeschmack - da macht man sich Freunde bei Schmeck's. Mit dem Stückchen von der Entenbrust als Küchengruß schon ganz besonders. Ebenso mit der Gänseleber mit marinierten Himbeeren und Safranbuchtel - immerhin Fidlers aktenkundig erste selbst bestellte seit Gaumengedenken (dafür ist gemeinhin Herr Hilberg zuständig).

Zehn Minuten war die Leber bei 60 Grad im Vakuum, entnehme ich dem Beipacktext. Der Schweinebauch braucht etwas intensivere Betreuung: 36 Stunden bei 65 Grad im luftleeren Raum. Das Ergebnis überrascht den Dilettanten ein wenig: Zwischen den dicken, cremigen Fettschichten blieb das Fleisch recht kompakt. Hätte ich mir ein bisschen saftiger vorgestellt. Aber richtig spannend wurde der Schweinewürfel mit dem kräftigen Hechtrogen. Belugalinsen und Safrancreme dazu, auch kein Fehler.

Zackig, das Schaf

20 Minuten musste die Perlhuhnbrust bei 65 Grad die Luft anhalten, bis sie im Speckmantel, mit Lauch-Paradeisern und Selleriepü an den Tisch durfte. Ein bisschen gar blutig am Knochen schien sie mir, aber unerschrockene Esser wie mich stört das meist nicht weiter. Wo wir doch grade vorher Herrn Ober Francesco angewiesen hatten, die kurzerhand ins Menü eingebauten, am Tisch flambierten Innereien nach Tagesangebot möglichst rare anzulegen.

Diese Lammleber zählt zu den allerbesten Entgiftungsorganen, die ich bisher kosten durfte - und diesen Weg gingen, wie Schmecks-LeserInnen wissen, wirklich nicht wenige innere Werte. Zart, rosa, herrlich. Und übrigens vom Zackelschaf*, wie mir Herr Stein später ganz unbeleidigt erklärt, als wir nach zwei Menüs aus der Küche dem Chef just von jenem Gang vorschwärmen, den er nicht endgefertigt hat.

Ich nach dem luftleeren Raum, meine Mitesserin nach einem kompletten, mit äußerst zufriedenem Ausdruck verputzten Spargelmenü. Also zweierlei Salat und Terrine, Spargelschaumsuppe mit grünen Spargelspitzen, höchst saftigem Steak aus dem Waldviertel (das ich ihr beinahe weggegessen hätte) mit Solospargel und Bernaise plus einem Milchreissouffle auf Erdbeerragout.

Wenn so ein Spargelmenü mit 42 Euro zu Buche schlägt und mein Sous-Vide-Programm mit 55, eine angenehme Weinbegleitung mit 22 Euro: Dann bleibt mir alten Preis-Leistungs-Pfennigfuchser auch bei der Rechnung die Luft nicht weg.

*) Nicht Zacken, danke für den Hinweis, den hatte ich offenbar schon in der Krone beim Zuhören