Roland M. Kreutzer.

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Dass man Werbung grundsätzlich braucht, möchte ich hier nicht noch einmal breittreten und dass Onlinewerbung im Speziellen hier beste Dienste leistet, genauso. Die "Wertschöpfung" spreche ich diesmal hinsichtlich des Geldflusses und der Auswirkungen an.

Warum sollte man sich überhaupt Gedanken machen, wohin das Werbegeld geht? Ich denke, dass das Internet hier eine Sonderstellung hat, die vom System her kommt. Das "globale Web" zeigt seine Auswirkungen nämlich auf den Werbemarkt. In dieser Form gibt es das in anderen Mediengattungen nicht.

User konsumieren und lesen gerne regional. Medien aus der nahen Umgebung werden denen vorgezogen, die geographisch weiter weg liegen (die Statistiken zeigen das). Gleichzeitig werden die selben User vermehrt durch internationale Traffic-Drehscheiben gelenkt - zwischen Suchmaschine und Social Media spielt sich alles in den USA ab. Alleine da ist schon eine werberelevante Nutzungskonzentration auf Medien gegeben, die weit weg von Österreich liegen.

Viel Werbegeld verschwindet aus dem Land

Daneben gibt es auch Dienstleister aller Art, die mit hoher Marge am Werbeumsatz auf heimischen Medien für Werbung sorgen - ob es um Hosting/Serving/Streaming geht oder gleich ganze Abwickler wie Anzeigenmärkte und Contextanzeigen ("Google"). Oft kommt da 30 bis 40% der Werbegelder nicht im eigenen Land an, im kommenden App-Markt erscheint das noch dramatischer. Einige Spezialisten versuchen sogar Werbung mit Zielgruppe Österreich überhaupt aus dem Land raus zu halten, weil Werbepreise in den USA oder auch den Nachbarländern billiger zu haben seien. Abgesehen von dem günstigen Preis, der durch das schlechte Umfeld noch einmal gedrückt wird, wird damit 100% der Werbegelder aus dem Land gebracht.

Das alles wäre prinzipiell egal, wenn man liberale Märkte und ein offenes Internet bevorzugt und die staatliche Bilanz der Geldflüsse ignoriert. Wäre da nicht die Kleinigkeit, dass (siehe Einleitung) die für die User wichtigsten Onlinemedien von der wichtigsten Finanzierungsquelle zunehmend abgeschnitten werden. Selbst das kann man noch geistig ausblenden, aber was würde die Werbung in Österreich machen, wenn die Medien mit hoher Leserbindung nicht mehr existieren oder ihren Wert (durch Reduktion von Manpower und Geldeinsatz) einschränken müssten?

Lokaler Markt im globalen Internet

Es wäre also im Interesse aller Beteiligten, sich mehr Gedanken über die Wertschöpfung zu machen, die Werbegelder im eigenen Land auslösen. Und auch wenn ich hier vorwiegend Medien angesprochen habe, gilt das natürlich genauso auch im Dienstleister-Bereich der Werbung. Heißt: Medien, Agenturen, Dienstleister etc. nach lokalen Wurzeln bewusst auszuwählen, sichert auch in Zukunft einen funktionierenden lokalen Werbemarkt, der auch und gerade im globalen Internet immer wichtiger werden wird.

PS: Der Eingriff in marktwirtschaftliche Mechanismen liegt mir fern, nur die Betrachtung der Wirkung einer Aktivität würde ich gerne auf einen längeren Zeitpunkt lenken wollen. Wäre doch schade, wenn irgendwann eine lokale Werbung in Österreich sich auf ein Targeting in Facebook und Google beschränkt und wir nur noch Betrachter und Konsumenten in einem Spiel aus Übersee sind. Da ist mir eine lokale Vielfalt "made in Austria" mit Personen aus der Umgebung doch lieber. (Roland M. Kreutzer/derStandard.at, 25.5.2010)