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Hinter den Computern und technischen Spielzeugen der reichen Welt wie iPhone oder Playstation stecken Schicksale chinesischer Wanderarbeiter. Die Serie von Selbstmorden beim weltweit größten Elektronik-Hersteller Foxconn in China wirft ein Schlaglicht auf ihre harschen Arbeitsbedingungen, persönliche Isolation weit weg von ihren Familien und letztendlich auch auf ihre Hoffnungslosigkeit.

Foxconn

Der Freitod seiner Mitarbeiter stellt auch das Produktionsmodell des taiwanesischen Herstellers infrage, der Arbeit und Wohnen in Fabrikstädten vereint. Außerdem schädigt die Kontroverse die Reputation von Weltmarken wie Apple, Dell, Hewlett-Packard oder Sony, die alle bei Foxconn fertigen lassen.

Nirgendwo wird soviel produziert und exportiert wie in China. Mehr als 100 Millionen Wanderarbeiter versorgen die "Werkbank der Welt" mit immer neuen Arbeitskräften. Nach den Selbstmorden heben neun chinesische Sozialwissenschaftler in einem offenen Brief besonders das Schicksal der jungen Arbeiter hervor, die keine Beschäftigung auf dem Lande finden. Sie sehen keine andere Option, als in den Städten nach Jobs zu suchen, die aber schlecht bezahlt und ohne Aussicht auf eine Zukunft sind. "In dem Moment, wo sie wenig Möglichkeiten sehen, durch harte Arbeit in den Städten ein Zuhause zu bauen, bricht die Bedeutung ihrer Arbeit in sich zusammen", heißt es. "Der Weg nach vorne ist blockiert, der Rückzug versperrt."

Rechte

"Gefangen in dieser Situation steht die neue Generation der Wanderarbeiter vor einer ernsten Identitätskrise, was die psychologischen und emotionalen Probleme noch verstärkt", warnen die Experten. Wer sich intensiver mit den sozialen und strukturellen Bedingungen auseinandersetze, verstehe die Ausweglosigkeit der Foxconn-Beschäftigten besser. "Chinas Entwicklungsstrategie über 30 Jahre hat nicht nur ein Wirtschaftswunder geschaffen, sondern auch regionale Ungleichgewichte verschärft, die Stagnation der Gehälter verlängert und Wanderarbeiter ihrer Rechte beraubt."

Aktivisten machen vor allem die harschen Arbeitsbedingungen für die Selbstmorde verantwortlich. "Das Unternehmen muss eine gründliche Untersuchung des Lebens an seinen Produktionslinien einleiten - nicht nur noch mehr oberflächliche, kurzfristige Reparaturen vornehmen", forderte die in New York ansässige Organisation China Labor Watch, die schon länger Probleme bei Foxconn anprangert und Arbeiter zu den Selbstmorden befragt hat. "Wir sind extrem müde, haben ungeheuren Druck", berichteten sie. "Wir beenden einen Arbeitsvorgang alle sieben Sekunden." Dafür sei Konzentration nötig. "In jeder Schicht (zehn Stunden) fertigen wir 4.000 Dell-Computer - alles im Stehen."

17 der 25 interviewten Arbeiter führten die Selbstmorde auf den hohen Arbeitsdruck zurück, wie China Labor Watch berichtete. Arbeiter haben nur einen Tag pro Woche frei, legen dann oft noch Überstunden ein. Vor und nach der Schicht, die mit Überstunden zehn oder zwölf Stunden dauern, gibt es noch unbezahlte Mitarbeitersitzungen, berichtet die Organisation. Es wird der vorgeschriebene Mindestlohn von 900 Yuan (108,0 Euro) monatlich bezahlt. Für Überstunden gibt es 7,8 Yuan und 10,34 Yuan am Wochenende.

"Foxconns militärischen Verwaltungsstil, mangelnden Respekt der taiwanesischen Manager für chinesische Arbeiter und Strategien, die darauf abzielen, nur kurzfristige Jobs zu schaffen."

Der Exekutivdirektor von China Labor Watch, Li Qiang, hält mehrere Gründe für die Selbstmorde für möglich: "Foxconns militärischen Verwaltungsstil, mangelnden Respekt der taiwanesischen Manager für chinesische Arbeiter und Strategien, die darauf abzielen, nur kurzfristige Jobs zu schaffen." Empörung löste ein Video aus, das Wachleute in schwarzen Uniformen zeigt, die im August Arbeiter in dem Foxconn-Werk in Peking brutal verprügelten. Überhaupt haben taiwanesische Arbeitgeber in China nicht den besten Ruf, so dass Zeitungen der demokratischen Inselrepublik schon einen "Verhaltens-Kodex" mit fortschrittlichen Arbeitsstandards fordern, um Ausbeutung zu unterbinden.

Es gibt auch Klagen über den Mangel an persönlichen Beziehungen zwischen Beschäftigten, die meist in Wohnheimen auf dem Werksgelände unterkommen. Es sind kleine Städte mit Supermarkt, Restaurant, Buchladen und Internetcafé. In der Fabrik in Shenzhen, wo es die Serie von Selbstmorden gab, arbeiten mehr als 300.000 Beschäftigte. Die Arbeiter leben hier völlig isoliert, ohne soziales Netz, kennen sich kaum untereinander. Eine Arbeiterin sagte der "China Daily": "Wir verbringen die Freizeit meist mit Schlafen und Surfen im Internet - wir gehen selten raus."