London - Entsprechend der Jahrhunderte alten Tradition hat Königin Elizabeth II. am Dienstag feierlich das Programm der neuen britischen Regierung verkündet. In ihrer zehnminütigen Thronrede vor Ober- und Unterhaus in London, die sie gemäß ihrer zur Neutralität verpflichtenden Rolle monoton vortrug, kündigte die Queen 20 Gesetzesvorhaben der Koalition aus Konservativen und Liberaldemokraten an. Hauptpunkte sind die Ankurbelung der Wirtschaft und eine Reform des Wahlrechts.

Der konservative Premierminister David Cameron und sein liberaldemokratischer Koalitionspartner und Stellvertreter Nick Clegg hatten vor zwei Wochen bekanntgegeben, dass sie nach der Neuwahl vom 6. Mai zusammengehen und die zuvor regierende Labour-Partei ablösen wollten.

Großbritanniens neue Regierung sagte dem Rekorddefizit und der Konjunkturflaute offiziell den Kampf an. "Eine neue Behörde zur Ausgabendisziplin wird das Vertrauen in das Management der öffentlichen Haushalte herstellen", sagte die Königin bei der traditionellen Eröffnung des Parlaments. Die Behörde werde unter die Führung des ehemaligen Notenbankers Alan Budd gestellt und solle Konjunkturprognosen erstellen sowie den Finanzbedarf aus Schulden ermitteln. Das Budgetdefizit Großbritanniens zählt gegenwärtig mit elf Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) zu den höchsten in Europa.

"Wir haben eine verheerende wirtschaftliche Lage geerbt und werden das wieder in Ordnung bringen", sagte Finanzminister George Osborne am Montag. "Wir haben in Ländern wie Griechenland gesehen, was passiert, wenn man als Staat nicht mit seinen Mitteln auskommt", ergänzte er mit Blick auf die Schuldenkrise Athens.

Das Regierungsprogramm entspricht weitgehend der bereits in der vergangenen Woche veröffentlichten Koalitionsvereinbarung. Am Montag hatte das Finanzministerium Pläne zur Einsparung von zunächst 6,2 Milliarden Pfund (etwa 7,27 Milliarden Euro) vorgestellt. Noch tiefere Einschnitte werden im Notbudget erwartet, mit dem in vier Wochen gerechnet wird. Das Steuerrecht soll nach den Angaben vom Dienstag mit einem höheren Freibetrag bei der Einkommenssteuer so geändert werden, dass es Briten mit niedrigen und mittleren Gehältern zugutekommt.

Die neue Regierung will ihrem Programm zufolge auch das politische System des Landes reformieren. So soll in einem Referendum über eine Änderung des Wahlsystems abgestimmt werden. Bisher zieht der Wahlkreiskandidat mit den meisten Stimmen ins Londoner Unterhaus ein. Eine absolute Mehrheit ist nicht erforderlich. Nach dem Willen der neuen Regierung soll das Parlament künftig zudem zu einer festgelegten Legislaturperiode von fünf Jahren zusammentreten. Bisher finden die Parlamentswahlen spätestens nach fünf Jahren statt, der Premierminister entscheidet über den genauen Termin.

Schließlich will die neue Regierung Vorschläge unterbreiten, die die traditionelle Form der zweiten Parlamentskammer, das Oberhaus, zur Disposition stellt. Anstelle des "House of Lords" solle eine Kammer mit ausschließlich oder überwiegend gewählten Abgeordneten treten. Zudem soll jede Machtübertragung an die EU sowie ein Eintritt in die Währungsunion nur nach einer Volksabstimmung möglich sein. An der Afghanistan-Politik soll sich nach den Worten des neuen Verteidigungsministers Liam Fox nichts ändern.

Die Liberaldemokraten haben sich auf die Koalition nur unter der Bedingung eingelassen, dass auch ein Projekt zur Veränderung des Wahlrechts beschlossen wird. Seit Jahrzehnten wurde diese und andere kleine Parteien benachteiligt, weil das bisher geltende Mehrheitswahlrecht zur Folge hatte, dass sie weniger Mandate erhielt, als ihrem prozentualen Stimmenanteil entsprochen hätte. (APA/AFP/Reuters)