Ob die E-Gitarre von Pete Townsend von The Who, der Live-Mitschnitt eines frühen Oasis-Gigs oder die Trommel der Sergeant Pepper's Lonely Hearts Club Band: Pop-Memorabilia erzielen bei Auktionen Höchstwerte.

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Der Gig im Boardwalk, einem Club in Manchester, unterschied sich kaum von den zahlreichen anderen, mit denen Oasis Anfang der 1990er-Jahre Fuß zu fassen versuchte. Man schrieb den 14. Jänner 1992, und Whitney Houstons I Will Always Love You sollte zwölf Monate später zum meistverkaufte Titel der UK-Charts avancieren. Am Ende des Auftritts drückte Noel Gallagher jedenfalls Dean Hanley einen Mitschnitt in die Hand. Er, eine relevante Figur der Musikszene, solle sie doch bitte promoten bzw. zu einem Plattenvertrag verhelfen. Der Rest ist Geschichte, der Durchbruch, das erste Album, zahlreiche Auszeichnungen und seit Oktober 2009 auch die Band als solche.

Aber was, wenn nicht ihr letztes Hemd würden überzeugte Fans für dieses Tape aus den Pioniertagen des Brit-Pops wohl geben, mit sieben teils unveröffentlichten Songs? 4000 bis 6000 Pfund oder auch mehr? Hanley entschied sich für den demokratischsten aller Verkaufswege und lässt das Tonband am 24. Juni 2010 versteigern, nicht via Ebay, sondern von Christie's, dem Marktführer bei Kunstauktionen. Unter dem Sammelbegriff "Popular Culture" steht dort seit Mitte der 80er-Jahre einmal jährlich in der Londoner Dependance South Kensington eine ausschließlich Rock- und Pop-Memorabilien gewidmete Auktion auf dem Programm.

Schrille Bühnenoutfits, Musikinstrumente legendärer Provenienz, Alben mit Autogrammen und Widmungen locken dabei nicht nur sammelwütige Fans an. Investoren, die nun über das Kapital zur Verwirklichung ihrer Jugendträume verfügen, zählen genauso zur Klientel wie Protagonisten der Branche. Oder Institutionen wie das Hard Rock Cafe, die sich hier schon traditionell diverse Dekorationen für die rund 145 in 49 Ländern verstreuten Niederlassungen sichern. Für David Bowies Ziggy-Stardust-Kostüm aus dem Jahr 1973 blätterte die Geschäftsführung beispielsweise 15.800 Euro hin.

Stars erkennen Potenzial 

Die Objekte kommen entweder über Privatsammler oder aus der Branche auf den Markt. Und längst haben auch die Stars das Potenzial dieser Verwertung erkannt: Im Jahr 2001 verscherbelte Sir Elton John auf diese Art 20 seiner Edelkarossen, 2003 trennte sich Dame Shirley Bassey von 50 ihrer glamourösesten Roben und im Jahr 2008 machte auch der Godfather of Soul alias James Brown persönlichen Hausrat sowie Einschlägiges zu barer Münze.

Zu den beliebtesten und damit auch teuersten Devotionalien gehören aber solche aus dem Umfeld der Beatles. Knapp 1000 ihnen zuordenbarer Erinnerungsobjekte versteigerte allein Christie's im Laufe der vergangenen 20 Jahre. Den Spitzenwert - und auch den höchsten dieser Sparte - hält dabei das für das Cover des Albums Sgt. Pepper's Lonely Hearts Club Band handbemalte Schlagzeug, das sich ein britischer Privatsammler im Juli 2008 stolze 680.000 Euro kosten ließ.

Lyrics sind gefragt

Nicht minder heiß begehrt sind Autografen wie handschriftliche Liedtexte, die sowohl in der Kategorie "Rock & Pop" als auch in der Fachsparte Manuskripte versteigert werden. Den bisher höchsten Zuschlag brachten John Lennons während seiner Bed-in-Performance mit Yoko Ono im Sommer 1969 auf Papier gekritzelten Lyrics zu Give Peace a Chance, wofür ein US-Sammler knapp 530.000 Euro bewilligte. Dieser Rekord könnte am 18. Juni 2010 gebrochen werden, wenn bei Sotheby's in New York Lennons Manuskript zu A Day In The Life, dem letzten Track des Sgt.-Pepper-Albums, für 500.000 bis 700.000 Dollar den Besitzer wechseln soll.

Dennoch, der 24. Juni 2010 könnte angesichts der von Christie's ausgelegten Branchenköder ein ganz besonderer Tag in der Geschichte der Rock- und Pop-Sammelsparte werden. Wohl weniger wegen der Dolce&Gabbana-Halskette aus dem Besitz Kylie Minogues oder Souvenirs der Hochzeit von Marilyn Manson und Dita Von Teese. Vielmehr angesichts der Menge an angebotenen Vintage-Gitarren und vor allem einer Ansammlung an The-Who-Memorabilien: mehr als 65 Raritäten, die die Band von den Anfänge als Radaucombo bis zu ihrem Status als Kultformation begleiteten.

Davon trennt sich mit Brad Rogers der größte The-Who-Privatsammler. 1976 hatte ein Konzertbesuch seine Leidenschaft entfacht, und mittlerweile platzt die Sammlung des treuen Fans aus allen Nähten. Teile davon sollen nun eben Gleichgesinnte beglücken. (Olga Kronsteiner, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 20.5.2010)