Ulrike Exner bekam eines von 15 Elise-Richter-Stipendien.

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Es war eine Urlaubsreise mit den Eltern nach Island, die quasi den Grundstein für Ulrike Exners wissenschaftliche Laufbahn als Gesteinsexpertin gelegt hat. „Die Vulkane, heißen Quellen und Geysire haben mich fasziniert. Mir war schon vor der Matura klar, dass ich Geologin werden will", erzählt die 33-jährige Wienerin. Weil sie als Vulkanologin in Österreich nicht allzu viel zu tun gehabt hätte, verlegte sie sich während des Studiums auf Geodynamik, Tektonik und daraus resultierende Brüche und Falten im Gestein.

Für ihre Diplomarbeit kartierte Exner Gesteine in einem Gebiet in Südtirol, während der Dissertation an der ETH Zürich bildete sie die Entstehung von Gesteinsstrukturen mit Silikonmodellen nach. Zurück am Department für Geodynamik und Sedimentologie der Uni Wien, erhielt sie ein dreijähriges Hertha-Firnberg-Stipendium des Wissenschaftsfonds FWF, das sie für die Entwicklung von 3-D-Modellen nutzte, die eine Simulation der Gesteinsbewegungen am Computer ermöglichen.

Störungen und Deformationen sind nach wie vor der Fokus von Exners Forschungsarbeit: "Ich beschäftige mich mit sehr porösen, oberflächennahen Sedimenten, die noch nicht verfestigt sind", schildert sie. "Hier entstehen keine großen Verschiebungen wie etwa bei Erdbeben. Weil jedes Sandkorn einzeln zerbricht, entstehen keine glatten Bruchflächen, sondern eine breitere Zone mit zerbrochenen Körnern."

Diese Vorgänge sind insbesondere dann von Bedeutung, wenn es um die möglichst effektive Förderung von Öl und Gas geht: "Entlang von Brüchen verdichtet sich das Gestein, wodurch die Flüssigkeit entweder gestaut oder die Förderung erschwert wird", erklärt Exner. Aber auch für die Sicherung von Grundwasservorkommen ist das Wissen über die chemischen und mechanischen Prozesse im Sediment nützlich.

Diese finden sich im Wiener Becken und nahe Eisenstadt, aber auch mitten in der Stadt: "Die Minoritenkirche oder der Stephansdom bestehen aus Kalkstein aus St. Margarethen, in dem genau diese Strukturen und Deformationen sichtbar sind", freut sich Exner darüber, ihre Beobachtungen auch beim Flanieren durch Wien weiterführen zu können. "Ich muss mir selber verbieten, mit dem Hammer durch Wien zu gehen und überall ein Stückchen abzuschlagen", gesteht die Geologin.

Dass sie für ihre Forschungen weiterhin auf Steine aus Gebäuden verzichten und Bohrungen durchführen kann, garantiert nun auch ein dreijähriges Elise-Richter-Stipendium, das Exner vergangene Woche vom Wissenschaftsministerium verliehen wurde. Das Senior-Postdoc-Programm soll - wie auch das Vorgängerprogramm Hertha Firnberg - die Karriere von vielversprechenden Wissenschafterinnen ankurbeln und letztlich für die Bewerbung für eine Professur qualifizieren. "Mit diesen Mitteln kann man viel publizieren - und da ist eine Habilitation fast ein Nebeneffekt."

Vorerst wird sich Exner mit ihrem Team der Analyse von Bohrkernen widmen. Weil die Sandsedimente sehr locker sind, muss bei Minusgraden gebohrt werden. Die Proben werden mit Wasser besprüht, um sie einzufrieren. Im Labor werden sie dann getrocknet und mit Harz imprägniert, sodass die Körner ihre ursprüngliche Position behalten. Dann werden die Brocken in mikrometerdünne Scheiben aufgeschnitten und unter dem Elektronenmikroskop untersucht. Chemische Analysen sollen zeigen, ob sich bei Deformationen Mineralien umwandeln oder sich neue bilden.

Auch wenn sie eine besondere Beziehung zu Steinen hat und einen Blick für ihre Ästhetik entwickelt hat - zu Hause hortet sie "möglichst wenig". Lieber erfreut sie sich an ihnen in der Natur, im Labor - oder bei einem Stadtspaziergang. Karin Krichmayr/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 26.5. 2010)