Impaktforscher Köberl, hier im Biozentrum in der Wiener Althanstraße, beschäftigt sich mit Sauriern: Ausgestorben, sagt er, seien sie durch einen Meteoriteneinschlag.

Foto: STANDARD/Heribert CORN

Klaus Taschwer sprach mit dem Impaktforscher über seine Pläne für das Museum, Vorbilder und den Grund des Dinosaurier-Sterbens.

STANDARD: Auf der großen geowissenschaftlichen Fachtagung, die kürzlich in Wien stattfand, wurde abermals über den Grund für das Aussterben der Dinosaurier gestritten. Wird diese Debatte nie ein Ende haben?

Köberl: Nein. Zugleich ist diese Diskussion wissenschaftlich längst erledigt. Es sind immer die gleichen Personen, die noch Skepsis an der Theorie anmelden, dass dieses Sterben durch einen Meteoriteneinschlag auf der mexikanischen Halbinsel Yucatan vor rund 65 Millionen Jahren ausgelöst wurde. Die Zweifler sind fast ausschliesslich Gerta Keller von der Uni Princeton und ihre Mitarbeiter. Keller wird auch in den nächsten Jahrzehnten noch gegen die Impaktthese sein, weil sie so viel in ihre eigene Annahme gesteckt hat, sodass sie nicht mehr zurück kann.

STANDARD: Was macht Sie so sicher, dass sie irrt?

Köberl: Die Datenlage ist selten so eindeutig wie in dem Fall: Es gibt weltweit genau eine Impakt-Ablagerungsschicht, die genau mit der Kreide-Tertiär-Grenze zusammenfällt, als die Dinosaurier ausstarben. Die Vulkanaktivitäten, die Keller als Grund für das Austerben der Dinosaurier nennt, ziehen sich über Millionen Jahre, und das geht einfach nicht mit dem plötzlichen Aussterben zusammen.

STANDARD: Aber war nicht auch diese Asterioden-These einmal eine Außenseitermeinung?

Köberl: Als ich studiert habe, gab es die noch nicht enmal. Die ersten zehn Jahre meiner Karriere war das Impakt-Thema noch sehr esoterisch und umstritten. Aber die Erfolgsgeschichte der Naturwissenschaften besteht nicht zuletzt darin, Messungen zu machen und so Hypothesen zu bestätigen oder zu widerlegen. Erst im März habe ich mit internationalen Kollegen in einem Science-Artikel noch einmal alle Evidenzen zusammengefasst. Und die sprechen einfach alle ganz eindeutig für die Asteroiden-These.

STANDARD: Werden Sie als Generaldirektor des Naturhistorischen Museums Ihre Forschertätigkeit weiterführen können?

Köberl: Das ist jedenfalls – wenn auch in eingeschränkter Form – geplant. Zumal mir in den Gesprächen mit Frau Ministerin Schmied vermittelt wurde, dass ein aktiver Wissenschafter als Direktor gewünscht wird. Es ist ja auch so, dass man nur dann dem Publikum etwas Neues vermitteln kann, wenn man selbst forscht und am neuesten Stand ist. Denn nur so weiß ich, was gerade Spannendes passiert – zumindest im eigenen Fach und in den Nachbargebieten.

STANDARD: Wie wird das im Museum seinen Niederschlag finden?

Köberl: Grundsätzlich ist das Museum ja vor allem auch eine Forschungsinstitution, und nicht nur ein Ort, an dem man ausgestopfte Tiere zeigt. Die großen vergleichbaren Museum wie das Natural History Museum in London, das Humboldt-Museum in Berlin oder das Naturkundemuseum in Stockholm betreiben allesamt sehr intensiv Forschung, und zwar mehr als wir in Wien. Deshalb ist mir wichtig, das auch am Naturhistorischen Museum auszubauen. So wäre es ein konkretes Ziel, die Anzahl der FWF-Projekte und anderer Drittmittelprojekte doch deutlich zu erhöhen.

STANDARD: Wie wollen Sie die Forschungsaktivitäten erhöhen?

Köberl: Wir machen gerade eine Evalierung des Ist-Zustands, die strikt international vom FWF durchgeführt wird. Und dann sollten wir wissen, wo wir stehen und wo investiert werden soll. Offensichtlich ist jetzt schon, dass es in vielen Bereichen an moderner Foschungsinfrastruktur und Geräten mangelt.

STANDARD: Welchen Spieltraum haben Sie, auf die Evaluierung zu reagieren? An der Personalstruktur werden Sie wohl nicht viel ändern können.

Köberl: Es geht sicher darum, die Leute zu belohnen, die jetzt schon gute Arbeit leisten und die mit weniger veralteter Infrastruktur noch Besseres leisten könnten. Zu anderen wollen wir natürlich auch dem Publikum vermitteln, dass im Museum aktuelle und spannende Forschung gemacht wird. So ist etwa geplant, in den einzelnen Sälen zusätzlich zu den Vitrinen auf kleinem Raum aktuelle Forschungsprojekte vorzustellen..

STANDARD: Und der Rest bleibt das Museum eines Museums?

Köberl: Nein, ich sehe das Gebäude, das unter Denkmalschutz steht, als eine Bühne, auf der man Verschiedenes inszenieren kann. Ich möchste die Naturwissenschaften ausstellen, die an dem Museum betrieben werden – und dabei ihre hohe gesellschaftliche Relevanz vermitteln. Ein Beispiel wären etwa die Rohstoffe in der mineralogischen Sammlung: Da kann man Teile so reorganisieren, um zu zeigen, welche Rohstoffe für was nötig sind, vom Auto bis zum Handy. Bei den Neuaufstellungen wird die Systematik also eher in den Hintergrund gedrängt zugunsten einer stärker thematischen Behandlung.

STANDARD: Was wird der erste Saal sein, der generalüberholt wird?

Köberl: Wir fangen mit dem Sauriersaal an, weil das erstens ein Flaggschiff jedes Naturhistorischen Museums ist, und zweitens unsere Ausstellung nun 40 Jahre alt wurde. Bald danach soll die Anthropologie folgen, also insbesondere die die Darstellung der Humanevolution. Auch an der Meteoritensammlung wird sich etwas ändern. Die Grenzen, die uns gesetzt sind, besteht nur in den vorhandenen Mitteln.

STANDARD: Was passiert mit den alten Vitrinen?

Köberl: Ich will die sicher nicht herausreißen und stattdessen Bildschirme aufstellen. Das wäre ja widersinnig. Ich möchte die alten Vitrinen in den meisten Fällen behalten. Wo es aber nichts Originales gibt, sondern nur nachgemachte Kopien – wie bei der Anthropologie oder den Sauriern – sollen sie ersetzt werden. So wie beim Inhalt des Museums mit seinen tollen Original-Exponaten will ich auch bei der Innenarchitektur auf Originale setzen, die auch modern und ein wohl überlegter Kontrast sein können.

STANDARD: Gibt es Museen, die für Sie diesbezüglich ein Vorbild sind?

Köberl: Nicht, dass ich das Geld dafür haben würde: Aber wie etwa Norman Foster das Gebäude in das British Museum reinstellte, imponiert mir sehr. Oder das Paul Klee Museum von Renzo Piano oder, was mir besonders gut gefällt, die Menil-Collection in Houston: Das ist eine zurückhaltende Architektur, die es versteht, die Stücke ins Zentrum zu rücken. (((Ein negatives Beispiel wäre das Musée du quai Branly in Paris von Jean Nouvel, ein neues Völkerkundemuseum, das ich fast als Grottenbahn bezeichnen würde: dunkelbraune Stücke auf schwarzem Hintergrund, die bei kaum vorhandener Beleuchtung fast nicht zu sehen sind. So etwas mag ich nicht. )))

STANDARD: Wenn die anthropologische Dauerausstellung wieder kommt, fehlt Ihnen dann aber der Platz für die Sonderschauen.

Köberl: Nicht ganz. Es wird etwas weniger Raum zur Verfügung stehen, weil der jetzige Kindersaal aufgelassen und stattdessen anderswo ein Aktivitätssaal eingerichtet wird. Dass wir unter Platzmangel leiden, ist aber ein Faktum. Auch der Tiefspeicher ist schon ziemlich voll. Deshalb gibt es das Wunschprojekt, gemeinsam mit dem Kunsthistorischen Museum gegenüber und womöglich auch mit dem Museumsquartier den Maria-Theresienplatz zu untertunneln. Im Laufe des Jahres soll dafür ein Konzept entwickelt werden. So wie auch der Louvre in Paris in den Untergrund ausweichen musste, wäre das auch bei uns der nächste Schritt.

STANDARD: Und das wird sich finanzieren lassen?

Köberl: Eine solche Untertunnelung wäre natürlich ein Jahrhundertprojekt, bei dem neben dem Bund wohl auch die Stadt Wien mitmachen müsste. Für unsere eigenen Agenden werden wir natürlich versuchen, mit allen möglichen Leuten und Sponsoren zu reden. Es heißt zwar immer wieder, dass es in Zeiten wie diesen besonders schwierig sei. Aber das höre ich seit meiner Kindheit. Ich glaube, dass es überhaupt keine anderen Zeiten gibt wie diese. Privatpersonen oder Firmen, die im sechsstelligen Bereich Sponsoren sein wollen, kriegen jedenfalls auch gerne Säle nach ihnen benannt. (/DER STANDARD, Printausgabe, 26.05.2010)