Mächtiger Familienunternehmer Flick (Uwe Preuss): Schuld als Kriegsverbrecher weist er bei Verhören in Nürnberg von sich.

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Wien - "Genie", "Ausnahmegestalt", "großer Manipulator", "man traute ihm alles zu": Anerkennung und Abscheu mischen sich in die Urteile über Friedrich Flick.

Im Kriegsverbrecherprozess in Nürnberg erklärt sich der Stahlbaron dreist für "unschuldig". Flick raubte jüdisches Vermögen und beschäftigte zehntausende Zwangsarbeiter. Drei Jahre Haft verbüßt er und ist danach Herr eines noch größeren Imperiums. Seine Strategie vor Gericht ging auf: Dass er vom Dritten Reich zu Verbrechen gezwungen wurde, die er nie begehen wollte, aber nicht anders konnte. Wie er stahlen sich Millionen aus der Verantwortung mit trotzigem Zurschaustellen ihrer feigen Argumentation: Man hatte eben keine Wahl.

Die Doku Flick (Mittwoch, Arte, 20.15) mischt Archivbilder, Tonaufnahmen, Zeitzeugeninterviews und Expertenmeinungen mit Spielszenen. Die Inszenierungen stützen sich auf Protokolle, etwa vom Verhör in Nürnberg. Dokumentarist Thomas Fischer suchte in Privatarchiven und fand bisher unveröffentlichte Bilder. Keiner der Erben wollte vor die Kamera treten, sie gaben den Film aber frei.

Recht offen spricht hingegen Flicks Patensohn Otto Kaletsch. Er erinnert sich eindrucksvoll an seine Kindheit: "Wenn der alte Flick ins Zimmer kam, dann sprangen wir schon vor lauter Schreck auf, weil er eine solche Ausstrahlung hatte, dass man neben ihm nur strammstehen konnte." Kaletschs Vater Konrad rettete, was vom Imperium blieb, während Flick eingesperrt war. Sogar dort führte der Firmenchef seine Geschäfte weiter. Ebenfalls zu Wort kommt Elga Wieninger, die erste Ehefrau von Friedrich Karl Flick.

Teil eins erzählt die Jahre bis zur Verurteilung 1947, Teil zwei schildert die Haft, wie Flick sein Machtimperium festigt, sein Erbe regelt und sein Sohn Friedrich Karl für einen beispiellosen Parteispendenskandal in der Bundesrepublik sorgt. Es wiederholt sich das Bild: Friedrich Karl Flick beteuert seine Unschuld. Juristisch wird er nie belangt. (prie/DER STANDARD; Printausgabe, 26.5.2010)