Wien - Rettungsprogramme, Ankündigungen für neue Finanzmarktregeln, die Diskussion um die Ausgabe von Euro-Anleihen, die Zweifel an der Kraft Griechenlands und eine Auffangaktion für die spanische Sparkasse CajaSur. All das lässt Investoren mit Sorge auf Europa blicken. Die Folge: Die Kurse an Europas Leitbörsen fallen, die Gemeinschaftswährung bleibt weiterhin unter Druck. Von der CajaSur wurden am Dienstag vor allem die Bankenwerte belastet. Denn die spanischen Sparkassen sind traditionell stark im Hypothekengeschäft engagiert und leiden unter dem Anstieg fauler Kredite. Das entfacht erneut die Sorge, wie hoch der Anteil notleidender Kredite im Finanzsektor noch ist.
Euro bleibt unter Druck
Auch die Aufforderung des Internationalen Währungsfonds an Spanien, die Anstrengungen zur Sanierung des Bankensystems zu verstärken nährt Spekulationen, dass Europas Kreditinstitute weiteren Verlusten entgegensehen. Die Zinsen am Interbankenmarkt, zu denen sich Institute gegenseitig Geld leihen, haben sich seit Ende Februar von 0,25 auf über 0,5 Prozent verdoppelt. Für Analysten von BNP Paribas und Citigroup ist das ein Anzeichen dafür, dass US-Dollars knapp werden, da viele Institutionen aus dem Euro flüchten. Der Euro hat am Dienstag zwischenzeitlich die Marke von 1,22 US-Dollar unterschritten. "Das ist die allgemeine Verunsicherung", begründete ein Händler in Frankfurt die Euro-Verkäufe. Laut den Währungsstrategen der Hessischen Landesbank könnte der Euro in den nächsten Quartalen noch sieben Prozent gegenüber dem Dollar verlieren, weil Anleger darauf wetten könnten, dass die US-Notenbank schneller die Zinsen erhöhen werde als die EZB. Die daraus resultierenden Zinsdifferenzen würden zu einer weiteren Abwertung des Euro in den Bereich von 1,15 bis 1,20 Dollar führen, schreibt Helaba-Analyst Ralf Umlauf in einem Bericht.
Der Druck an den Kapitalmärkten wirkt sich auch auf Unternehmen aus. Im Mai ist die Neuemission von Unternehmensanleihen in Europa de facto zum Stillstand gekommen. Unternehmen meiden ob der neuen Unsicherheiten den Kapitalmarkt. Während in den ersten Monaten des Jahres zwischen fünf und 30 Mrd. Euro an Unternehmensanleihen emittiert wurden, ist der Markt laut Analysten im Mai "kollabiert", da bislang nur rund fünf Milliarden platziert wurden, wie Daten von Dealogic zeigen. Die Kurse von hoch verzinsten Anleihen sind seit Ende Februar zum Teil um mehr als zehn Prozent gefallen.
Dass die Panik in Europa wächst, zeigt etwa das "Angstbarometer" Vdax (siehe Chart), der die Volatilität (die Schwankung) am deutschen Aktienmarkt widerspiegelt.
Genährt wird die Unsicherheit auch von der Ankündigung der deutschen Regierung, die nun alle ungedeckten Leerverkäufe von Aktien und Euro-Anleihen an deutschen Börsen verbieten will. Die heimische Finanzmarktaufsicht FMA hat am Dienstag das Verbot für Leerverkäufe zum achten Mal verlängert. International schürt der Korea-Konflikt Ängste vor einer gewaltsamen Auseinandersetzung. (bpf, sulu, DER STANDARD, Printausgabe, 26.5.2010)